Im Roman «Die Altruisten» geht es um die Familie Alter. Da sind die Eltern – Francine und Arthur – und die erwachsenen Kinder Maggie und Ethan. Eine Familie, die der Mittelklasse angehört: eigenes Haus, beide Eltern gut ausgebildet.
Die Geschichte beginnt 2015, zwei Jahre nach dem Tod der Mutter. Die beiden Kinder sind von St. Louis nach New York gezogen, auf der Suche nach einem erfüllten Leben. Nach langer Funkstille bittet ihr Vater sie plötzlich, nach Hause zu kommen.
Bald wird klar, weshalb: Er steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Und weil die Kinder das Vermögen der Mutter geerbt haben, sollen sie ihm helfen.
Was ist ein gutes Leben?
Autor Andrew Ridker zeigt in seinem Roman, welche unterschiedlichen Vorstellungen von einem «guten Leben» Arthur und seine Kinder haben. Er, Arthur, ist ein angesehenes Mitglied der Mittelschicht und überzeugt davon, dass ihm ein bequemes Leben weiterhin zusteht, auch wenn er dafür auf die Hilfe seiner Kinder angewiesen ist.
Maggie und Ethan sind dank dem Erbe ihrer Mutter zwar vermögend, haben aber keine Ahnung, womit sie ihr Leben ausfüllen sollen.
Der amerikanische Traum
Hier zeigt sich ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den Generationen. Die Babyboomer, die Nachkriegsjahrgänge der 1940er- bis 1960er-Jahre, zu denen auch Arthur gehört, erlebten den Höhepunkt des amerikanischen Traums: Mit harter Arbeit ermöglichte man sich ein komfortables Leben.
Für meine Generation ist der amerikanische Traum tot.
Die Babyboomer konnten darauf bauen, dass eine gute Ausbildung auch eine gute Anstellung bedeutete, und diese wiederum ein finanziell abgesichertes Leben garantierte.
Schulden statt Sicherheit
«Dieser Traum ist für meine Generation tot», sagt Ridker, der Jahrgang 1991 ist. Die Ausbildung sei so teuer, dass man auch Jahre nach dem Abschluss die Schulden dafür noch abstottern müsse. Eine feste Anstellung, die finanzielle Sicherheit biete, gebe es in vielen Fällen auch nicht mehr.
Dafür gebe es diese neue, unsägliche Wortschöpfung: «permalance», bestehend aus «permanent» und «freelance». Diese gaukle zwar eine Anstellung vor, aber man habe keinerlei Absicherung. «Meine Generation fragt sich: Werden wir jemals so etwas wie finanzielle Sicherheit erreichen? Werden wir je überhaupt etwas besitzen?», sagt Ridker.
Ungewisse Zukunft
Weil die Zukunft sowieso ungewiss sei, wählten viele Millennials einen komplett anderen Weg als ihre Eltern, sagt Andrew Ridker. Für alle aber bleibe die Ungewissheit, was die Zukunft bringe.
Einen möglichen Ausweg zeigt Andrew Ridker in seinem Roman: Die Millennials Maggie und Ethan besinnen sich auf sich selbst. Und finden darin eine neue, verloren geglaubte Stabilität.
Andrew Ridker ist mit seinem Roman ein lesenswertes, unterhaltsames Buch gelungen – auch, weil er sich bemüht, die Perspektive beider Seiten, der Millennials und der Babyboomer, darzustellen. Und weil er zeigt, dass man sich über alle Gräben hinweg doch wieder finden kann.
Sendung: Kontext, Radio SRF 2 Kultur, 3.2.2020, 9:02 Uhr