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Anna Rosenwasser: «Rosa Buch»
Aus Kultur-Aktualität vom 14.03.2023. Bild: Brandertainment
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Anna Rosenwassers Erstling «Rosa Buch»: Queerbeet durchs LGBTQ-Alphabet

Die Schweizer LGBTQ-Aktivistin Anna Rosenwasser veröffentlicht ihr erstes Buch mit «queeren Texten von Herzen». Es mischt echte Erlebnisse mit frei erfundenen Geschichten. Ein Plädoyer für mehr Verständnis.

Anna Rosenwasser führt einen der meistbeachteten Instagram-Accounts für queeren und feministischen Aktivismus in der Deutschschweiz.

Sie steht in der Öffentlichkeit regelmässig für LGBTQ-Anliegen ein und hat die Lesbenorganisation Schweiz mitgeleitet. Nun hat sie ihr erstes Buch veröffentlicht, das «Rosa Buch».

Der Titel kommt nicht von ungefähr: Die Farbe Rosa wurde in der Geschichte häufig als abwertendes Etikett für queere Menschen benutzt, unter anderem schon von den Nazis, wie Anna Rosenwasser im Vorwort schreibt.

Ehrrettung für eine verfemte Farbe

Bis in die Gegenwart gilt Rosa auch als «Mädchenfarbe» schlechthin. Dem setzt die Autorin ihr Buch entgegen: Alle, ganz egal welcher Identität, sollen so rosa sein dürfen, wie sie wollen.

Das «Rosa Buch» ist eine Sammlung kurzer, persönlicher Texte. Diese beruhen manchmal auf echten Erlebnissen und Beobachtungen aus dem Alltag, manchmal auf Berichten von Bekannten. Andere sind erfunden, wie Anna Rosenwasser offen zugibt.

Trotzdem wäre es wohl falsch, von literarischen Texten im engeren Sinn zu sprechen. Der Stil ist eher kolumnenhaft oder essayistisch.

Die Texte sind wütend, wenn es um Diskriminierung oder soziale Ungerechtigkeiten geht. Sie sind augenzwinkernd, wenn die Autorin für eine generelle Entkrampfung im Umgang mit Identitäten ausserhalb der Normen eintritt, und liebevoll in der Betrachtung von allem Queeren. An keiner Stelle bestehen Zweifel, dass Anna Rosenwasser ernst meint, was sie schreibt.

In klarer Sprache und anhand zahlreicher Anekdoten zeigt sie, wie viele verschiedene Gesichter Diskriminierung haben kann, welche schönen Momente ein Coming-out mit sich bringen kann, oder warum viele bi- oder homosexuelle Menschen die längste Zeit glauben, sie seien heterosexuell.

Kein Buch nur für die Community

In der Mitte des Buchs gibt es ein Verzeichnis, in dem von A wie Affäre oder AIDS bis W wie Wut, Y wie YouPorn und Z wie Zürich verschiedene Schlagworte aufgeführt sind, samt Seitenzahlen der Texte, in denen sie vorkommen. Schmökern oder die gezielte Suche nach bestimmten Themen sind also explizit erwünscht.

Lächelnde junge Frau mit kurzen Haaren vor rosa Hintergrund mit Bluse und rotem Lippenstift
Legende: In den sozialen Medien will die Autorin Anna Rosenwasser junge Menschen für gesellschaftspolitische Themen sensibilisieren. Brandertainment

Das zeigt den Anspruch der Autorin, nicht nur für die queere Community zu schreiben, sondern für alle. Das queere Publikum wird sich an vielen Stellen wiedererkennen und vielleicht sogar Tipps für den Umgang mit schwierigen Situationen darin finden.

Doch auch für alle anderen ist dieses Buch ein Gewinn. Es lässt starre Normen und Wertvorstellungen bröckeln, wirbt für mehr Verständnis und Offenheit und plädiert für einen verspielteren Umgang miteinander.

Kinderleichter Wechsel

Ein Paradebeispiel dafür ist der erste Text im Buch: Erzählt wird, wie ein Schulkind in einer Primarklasse auf seine Lehrperson zugeht und sagt, es habe bis anhin in der Rolle eines Jungen gelebt. Jetzt aber wisse sie, dass sie ein Mädchen sei.

Die Lehrperson erklärt dem Rest der Klasse, die Mitschülerin habe einen neuen Namen, sie sei ein Mädchen. Die Reaktion der anderen Kinder ist, auch für die Lehrperson überraschend, überhaupt nicht ablehnend: Sie erklären den Tag einfach zum neuen Geburtstag des Mädchens und singen «Happy Birthday». So einfach könnte es manchmal sein.

Buchhinweis

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Anna Rosenwasser: «Rosa Buch». Rotpunktverlag, 2023.

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Radio SRF2 Kultur, Kultur-Aktualität, 14.03.23, 17:20

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