Rabbi Klein ist mal wieder voll im Stress – hin und hergerissen zwischen den Sorgen in seiner schrumpfenden Gemeinde und einer fordernden Familie. Und dann passiert auch noch ein Mord an einem seiner Seelsorge-Klienten.
Der Mix aus Spannung und Ethik inklusive Wissensvermittlung über das Judentum: Das macht auch «Der böse Trieb» aus, den sechsten Krimi aus der Feder des Schweizer Judaistikprofessors Alfred Bodenheimer.
Einer für alles
Das Judentum in der Schweiz schrumpft. Kleinere Gemeinden bedeuten für religiöse Juden und Jüdinnen aber Probleme. Etwa, an bezahlbare «Etrogim» zu kommen. Ohne die spezielle Zitrusfrucht Etrog kann man kein koscheres Laubhüttenfest feiern.
Rabbi Klein kämpft gegen überteuerten Import und Monopolisten. Doch die eigentliche Geschichte des Krimis dreht sich um das jüdische Ehepaar Sonja und Viktor Ehrenreich.
Seelsorger im Sauseschritt
An Kinderlosigkeit zerbricht ja so manche Ehe. Gerade religiöse Jüdinnen leiden schwer darunter, wenn es nicht klappt mit dem Kindersegen. So auch die Hauptfigur im Roman, Sonja Ehrenreich.
Als dann ihr Mann Viktor ermordet wird, tritt Rabbi Klein auch bei ihr als Seelsorger in Aktion. In den Jahren zuvor hatte er nämlich schon mit Sonjas Mann Viktor so genannte «Seelengespräche» geführt – jedes Jahr vor Jom Kippur und Neujahr.
In «Seelengesprächen» geht es um die kritische Selbst-Erforschung. Der gläubige Mensch rekapituliert das letzte Lebensjahr, vor allem in ethischer Hinsicht.
Kongo, Kinderarbeit, Konzernverantwortung
In Bodenheimers Krimi funktionieren diese Seelengespräche auch als Kunstgriff: Der ermordete Viktor hatte seine jährlichen Gespräche mit Rabbi Klein nämlich aufzeichnet. Wie praktisch.
Die Tonaufnahmen hört der Rabbiner nun nach und nach ab. So erfahren auch die Lesenden Stück für Stück, was zwischen dem Ehepaar alles vorgefallen ist und was sie mit anderen Frauen und Männern – auch intim – zu tun hatten. Und natürlich, wo es Konflikte gab.
Einer dieser Konflikte: Kinderarbeit im Kongo. Kinder werden dort beim Abbau von Kobalt vergiftet und sterben. Darin ist auch die Schweiz verwickelt – als Drehscheibe für Rohstoffhandel, aber auch als Abnehmerin für Kobalt.
Hier spiegelt sich unsere Schweizer Debatte um Konzernverantwortung im Krimi. Aber ob die Kongo-Verwicklung schon der Grund für den Mord ist?
Spannung bis zum Schluss
Der böse Trieb treibt im Krimi in ganz verschiedene Sünden: in Ehebruch, Erpressung, ja sogar Mord.
Der böse Trieb steckt nach jüdischer Auffassung in uns allen. Er lässt sich nicht eliminieren, aber zumindest eindämmen. Das birgt seine Tücken: Man muss ja überhaupt mal erkennen, was das Böse ist und was das Gute und was das Richtige zu tun wäre.
Das ist selten so klar und eindeutig – auch nicht in diesem Krimi. Aber das macht ihn spannend bis zum Schluss.