SRF: Welches ist Ihr liebstes Buch?
Peter Kurer: Eine schwierige Frage, weil ich viele liebste Bücher habe. Aber ganz vorne sind sicher «Krieg und Frieden» von Tolstoi, «Der englische Patient» von Michael Ondaatje, die eine oder andere kurze Novelle von László Krasznahorkai – das sind die Bücher, die ich gerne habe.
Ihre grösste Leseenttäuschung?
Herta Müller! Da habe ich es nie geschafft, über die Seite fünf hinauszukommen.
Ihr bevorzugter Lese-Ort?
Das hängt von der Tageszeit und den Umständen ab. Ich habe zuhause eine Bibliothek. Dort lese ich gerne, solange die Lichtverhältnisse gut sind. Aber ich kann auch im Büro lesen – eigentlich überall.
Wann lesen Sie überhaupt?
Ich versuche immer ein Buch dabeizuhaben. So kann ich auch im Flugzeug, in der Eisenbahn, im Tram, überall lesen.
Mehrere Bücher gleichzeitig oder eins nach dem andern?
Viele gleichzeitig! Und viele werden während des Lesens vergessen, auf die Seite gelegt – und kommen nach einem halben Jahr wieder zum Vorschein.
Erinnern Sie sich an ein Buch, das Ihnen die Liebe zum Lesen eröffnet hat?
Das waren sicherlich grosse, abenteuerliche, kräftige Bücher wie ein John Steinbeck, ein Leon Uris, die man halt dann in einer Nacht durchgelesen hat mit 14, 15 Jahren.
‹Tai-Pan› zeigt, wie komplex und schwierig ein Leben von einem ist, der ein Unternehmen aufbauen muss.
Welches Buch nehmen Sie immer wieder zur Hand?
«Die Brücke von San Luis Rey» von Thornton Wilder, das ist wirklich ein grossartiges Buch. Dann sicher «Krieg und Frieden», die Bibel, den «Odysseus». Solche Sachen.
Welchen Roman sollte jeder Manager gelesen haben?
Es gibt viele gute Romane für Manager. Bei Heinrich Manns «Henri Quatre» kann man viel mitnehmen an Rollenmodellen. Dann die grossen Cäsaren-Romane: Thornton Wilders «The Ides of March», John Williams' «Augustus» oder Gore Vidals «Julian» – das ist für den eher intellektuellen Manager ein fantastisches, witziges Buch. Und «Tai-Pan» von James Clavell – das ist die Urform eines guten, modernen Managers.
Ein Buch, um Einblick in wirtschaftliche Zusammenhänge zu gewinnen?
Wieder «Tai-Pan», weil er zeigt, wie komplex und schwierig ein Leben von einem ist, der ein Unternehmen aufbauen muss.
‹Der Mann ohne Eigenschaften› kann man niemals beenden. Trotzdem ist es ein grossartiges Buch.
Ein Buch, bei dem Sie laut lachen mussten?
Tucholsky ist lustig, Kästner ist lustig, auch Thomas Mann. Etwas vom Witzigsten sind die Bücher von Beat Brechbühl, «Kneuss» und so weiter. Da muss man laut loslachen.
Ihre Leseleiche? Ein Buch, das Sie niemals beenden?
Ein Buch, das man niemals beenden kann, ist sicher «Der Mann ohne Eigenschaften» von Robert Musil. Trotzdem ist es ein grossartiges Buch.
Ein Buch, das Sie gerne verschenken?
Momentan sind das «Der Club» von Takis Würger für einen Mann, «Fleisch» von Simone Meier für eine Frau.
Wie viele Bücher haben Sie nicht zu Ende gelesen?
Vielleicht tausend?
Ein Buch, dem Sie mehr Leser wünschen?
«1Q84» von Murakami ist ein Buch, das relativ wenig gelesen wird – obwohl es sein Meisterwerk ist. Viele scheuen vor der Grösse zurück, dabei liest man es schnell.
Das Gespräch führte Markus Tischer.
Sendung: SRF 1, Literaturclub, 18.04.2017, 22:25 Uhr