Nicht schon wieder, mag mancher sich denken. Noch kein halbes Jahr ist es her, da eine andere Solothurner Kulturinstitution mit nationaler Ausstrahlung wegen einer prominenten Personalie für Negativschlagzeilen sorgte. Damals trennten sich die Solothurner Filmtage von ihrer Direktorin Anita Hugi. Im Streit.
Jetzt also wirft Dani Landolf als Geschäftsführer der Solothurner Literaturtage das Handtuch. Im Unterschied zu Hugi ist es allerdings er, der geht und nicht der Vorstand, der ihn hinauswirft. Dani Landolf will denn auch das für diesen Frühling anberaumte Festival noch ordentlich über die Bühne bringen.
Ausgabe 2022 noch unter Landolfs Leitung
Nach 2022 aber ist für ihn Schluss. Dies, nachdem er nur gerade zwei Ausgaben des Literatur-Festivals verantwortet haben wird. Seine erste im vergangenen Jahr zog er unter Corona-Bedingungen zu einem guten Teil als Online-Festival durch, was ihm Applaus und Respekt eingebrachte.
In der Begründung zu seiner Kündigung gibt sich Dani Landolf schmallippig. Seine Vorstellungen, «das Festival und die Strukturen weiterzuentwickeln», hätten im Vorstand «nicht die Unterstützung erhalten», die er sich gewünscht hätte. Ende der Durchsage.
Beim Vorstands-Präsident Thomas Flückiger nachgefragt heisst es, man sei vom Abgang «überrascht und bedaure» ihn. Zwar habe es zwischen Landolf und dem Vorstand Differenzen gegeben. Aber keine so tiefgreifenden, dass es zu einer Kündigung hätte kommen müssen.
Die Strategie für die Zukunft
Was also ist geschehen? Dani Landolf versuchte, den Veränderungsprozess, in dem die Solothurner Literaturtage seit Längerem stecken, weiter voranzutreiben: mehr Nähe zum Publikum, mehr Brücken schlagen zwischen Literatur, Gesellschaft und Politik, raus aus dem Elfenbeinturm.
Ohne dabei allerdings, wie er stets betonte, bei der Qualität und damit bei der «Raison d’être» des Festivals abzubauen – nämlich eine hochstehende Werkschau der Schweizer Literatur zu bieten.
Diesen Veränderungsprozess hat bereits Landolfs Vorgängerin Reina Gehrig angestossen. Sie wandte sich in den sieben Jahren, während derer sie den Literaturtagen vorstand, programmlich verstärkt an ein jüngeres Publikum, überraschte etwa mit Literatur-Events in Solothurns Gassen und baute den Bereich Spoken Word aus.
Die Ausgabe 2021 – erstmals unter Landolfs Führung – verfolgte den von Gehrig eingeschlagenen Kurs weiter. Auch der neue Leiter pflegte die klassische Lesung mit Autorinnen und Autoren. Er gab aber auch der Graphic Novel mehr Raum und rückte Diskussionsrunden mit gesellschaftspolitischem Anspruch ins Scheinwerferlicht.
Eine Frage der Geschwindigkeit
Offenbar wollte der wirblige Thurgauer künftig stärker aufs Gaspedal treten. Er, der vorher zwölf Jahre lang Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbands gewesen war und dabei viel Bewegung in die Szene gebracht hatte.
«Über die Ziele waren wir im Vorstand mit Dani Landolf einig», sagt Thomas Flückiger, «aber bei seinem Tempo mussten wir auf die Bremse stehen.» Nach zwei Online-Ausgaben des Festivals habe es gegolten, das Erreichte zu konsolidieren. Auch, um das Team nicht mit immer mehr Neuem zu überfordern. Und am Ende das Rennommee des Festivals nicht zu gefährden.
Mit Tempo aufgelaufen
Offenbar lief Landolf mit seinem Elan an den genossenschaftlichen Strukturen der Literaturtage auf. Laut Insidern forderte er denn auch für sich verschiedentlich mehr Kompetenzen und Gestaltungsfreiheiten.
So habe er etwa das letzte Wort haben wollen, welche internationalen Gäste nach Solothurn eingeladen werden. Auch habe er als Beisitzer in die Jury des Solothurner Literaturpreises einziehen wollen, was manche als anmassend empfanden.
Landolf lief auf. Immer wieder. Das Klima kühlte sich ab. Irgendwann wollte der Macher Dani Landolf nicht mehr weitergehen – in den vorgemessenen Schritten, die er für sich als zu klein empfand.