Für die meisten von uns ist eine Metro-Panne kein Drama; für Ted jedoch schon: Sein minutiös durchgetakteter Alltag gerät ins Stocken; er muss einen anderen Weg zu seinem Arbeitsplatz finden – und das löst viele kleine und grosse Katastrophen aus. Denn Ted leidet am Asperger-Syndrom, und ohne feste Abläufe und Rituale ist er verloren.
Ted sei sehr stark ihrem Bruder nachempfunden, betont Emilie Gleason. «Trubel mit Ted ist aber kein autobiografischer Comic, auch wenn die meisten Anekdoten wahr sind.»
Sie habe die Geschichte in einer Zeit aufgezeichnet, als sich ihre Eltern ununterbrochen gestritten hätten. «Ich wollte sie mit einem Comic über die Schwierigkeiten, aber auch die schönen Seiten im Leben mit meinem Bruder zum Lachen bringen.»
Witz statt Kitsch
Emilie Gleasons Debüt «Trubel mit Ted» sorgte in Frankreich für grosses Aufsehen, heimste wichtige Preise ein und mauserte sich zum kleinen Bestseller. Das liegt nicht zuletzt an der ungewöhnlichen Weise, wie die 28-jährige Autorin die an sich tragische Geschichte ihres Bruders erzählt: Ohne Betroffenheit und Pathos, sondern mit viel Humor, Situationskomik, Schmiss und Tempo.
Ungewöhnlich ist auch die Perspektive, die Emilie Gleason gewählt hat: Sie beobachtet Ted nicht von aussen als betroffene Schwester, sondern versetzt sich in ihn und drückt sein Innenleben und seine ständige Überforderung in Bildern aus.
Gelenkig wie eine Trickfilmfigur
Ted ist lang und schlaksig, er scheint nur aus Beinen und Armen zu bestehen und bewegt sich im Comic denn auch mit der überdrehten Gelenkigkeit einer Zeichentrickfigur.
Die Zeichnungen sind knallbunt und stilisiert, die Erzählweise ist rasant – damit schafft Gleason einen geradezu elektrisch aufgeladenen Wirbel aus Anekdoten, Zwischenfällen, Missverständnissen und Abstürzen, die von Teds Unfähigkeit herrühren, mit anderen Menschen zu kommunizieren.
Emilie Gleason zeichnet mit grosser Genauigkeit und Ehrlichkeit das doppelte Unverständnis der Asperger-Autisten auf: Sie verstehen unsere Welt und unsere Normen nicht, und wir verstehen sie nicht. Dabei haben sie oft ungewöhnliche Begabungen und Fähigkeiten in speziellen Bereichen.
Als Bibliothekar ist Ted dank seines aussergewöhnlichen Gedächtnisses und Ordnungssinns phänomenal – ausserhalb der Bücherregale scheitert er jedoch an den kleinsten Herausforderungen. Vor allem das Zwischenmenschliche ist ihm ein tiefes Rätsel, und das führt ihn immer wieder in bizarre und unfreiwillig komische Situationen – nicht zuletzt in eine kuriose Liebesgeschichte mit einer alten Dame.
Bitterer Absturz
«Trubel mit Ted» ist allerdings kein Klamauk, und Ted wird nicht als Kuriosum vorgeführt. Gleason vermittelt eine tiefe Empathie für seine Schwierigkeiten. Auch die Dramaturgie der Geschichte ist raffiniert: Der Humor wird immer schwärzer, aus dem rasanten Trubel entwickelt sich ein Drama mit bitterem Ausgang.
Auch das hat einen wahren Kern: Emilie Gleasons Bruder wurde erst als Fünfzehnjähriger als Asperger-Autist diagnostiziert und von verständnislosen Ärzten mit Medikamenten zerstört. Heute vegetiere er, so Gleason, wie ein Gemüse vor sich hin.
Für Emilie Gleason war die Arbeit an «Trubel mit Ted» eine kathartische Erfahrung. Sie habe gelernt, ihren Bruder zu verstehen.