Herbst 1944 in Hitler-Deutschland: An Max Planck nagt die Depression. Der Physiker und Nobelpreisträger steckt in der tiefsten Krise seines Lebens. Die Vorstellung, er könne unter Hitler ein von der politischen Grosswetterlage unbelastetes Leben als Wissenschafter führen, hat sich als Illusion erwiesen.
«All die Jahre hat er versucht, nicht anzuecken. (…) Immer in der Hoffnung, dass man ihn würde gewähren lassen.» Es ist der hochbetagte Max Planck, der so sinniert – im Roman «Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor» des Deutschen Steffen Schroeder.
Eine Diktatur kennt kein Erbarmen
Zu jenem Zeitpunkt greift das Regime brutal in sein Leben ein: Die Gestapo hat Plancks gut 50-jährigen Sohn Erwin verhaftet – wegen Mitwisserschaft am gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 unter der Führung von Stauffenberg.
Nun sitzt der geliebte Sohn im Gefängnis und wartet auf das Bluturteil des «Volksgerichtshofs». Gleichzeitig verlangt das Regime vom Vater, er möge sich offen zu Hitler bekennen.
«Wie hätte ich damals entschieden? Diese Frage stand am Anfang des Romanprojekts», sagt Steffen Schroeder. Sie habe ihn während der gesamten umfangreichen Recherchen zum Buch begleitet: «Ich wollte ganz genau wissen, was damals geschah.»
Der 1974 geborene Schroeder ist eigentlich Schauspieler. Der Planck-Roman ist sein zweites literarisches Werk.
«Max Planck war kein Nazi, aber Opportunist»
Steffen Schroeder ist ein entfernter Nachkomme von Max Planck. Der berühmte Vorfahre sei in seiner Familie immer ein Thema gewesen: «Man hat sich mit einem gewissen Stolz an ihn erinnert.»
Wie aber stand der Physiker zu den Nazis? Er sei «kein Nazi, aber ein Opportunist» gewesen, erklärt der Planck-Biograf Dieter Hoffmann. Planck habe das «Nazi-Regime nie öffentlich verurteilt», über dessen Gräueltaten hinweggesehen, um ungestört seine Forschung betreiben zu können.
Zwischen den Zeilen leise Kritik
Ab Mitte der 1930er-Jahre änderte auch Max Planck seine Haltung zu den Nazis: So liess er etwa in Vorträgen zu ethischen Fragen zumindest zwischen den Zeilen Kritik an der Barbarei des Hitlerstaats durchblicken.
Dann kam es zur unerträglichen Situation im Herbst 1944: Sohn Erwin sass im Gefängnis. Als Vater Planck Hitler huldigen sollte, rang sich der betagte Physiker dazu durch, sich dem Regime zu verweigern. Er gab keine öffentliche Loyalitätsbekundung für den Diktator ab.
Max Planck sei damit über den eigenen Schatten gesprungen, sagt Steffen Schroeder. Sein Vorfahre sei aufgrund seiner konservativen Prägung schlicht «nicht dafür gemacht» gewesen, «den Gehorsam zu verweigern».
Dem Physik-Giganten waren die Hände gebunden
Plancks Weigerung blieb für ihn folgenlos. Aber er scheiterte damit, das Leben des inhaftierten Sohns zu retten: trotz diverser Briefe und persönlicher Vorsprache bei einflussreichen Nazis. Das Todesurteil wurde im Januar 1945 vollstreckt.
Man könne Max Planck keinen Vorwurf machen, findet Steffen Schroeder: «Er hat alles getan, was er als Vater tun konnte.» Hitler habe die Leiche gewollt, «da blieb selbst eine Wissenschaftsgrösse vom Zuschnitt Max Plancks am Ende machtlos.»