Zwei der Schweizer Kandidatinnen und Kandidaten hatten heute am letzten Lesetag in Klagenfurt ihren Auftritt. Von Männern und Wölfen in Kirgisien erzählte Urs Mannhart. Eine Abenteuergeschichte aus der Welt der Nomaden.
Putin hätte sie gefallen, sagte Juror Klaus Kastberger und fühlte sich an die «Waldbauernbub»-Geschichte von Peter Rosegger erinnert.
Auch Jury-Präsident Hubert Winkels äusserte sich skeptisch: «Das Modernste an der Geschichte ist, dass sie in Klagenfurt gelandet ist.» Was Jurorin Sandra Kegel interessant fand: «Dieser Text ist eine Provokation.» Er erzähle von zwei Systemen, die sich überlappen, der modernen und der nomadischen Welt. Die Naturbeschreibungen allerdings wirkten «wie eine Fototapete».
Eine Newcomerin, eine Flucht, ein Versteck
Der zweite Text aus der Schweiz heute kam von Gianna Molinari, gleichzeitig eine der jüngsten Teilnehmerinnen des Wettbewerbs und eine Newcomerin. Molinari schrieb einen Text um ein Fait Divers.
Am 8. Mai 2010 fiel bei Weisslingen ZH ein Mann vom Himmel. Der afrikanische Migrant hatte sich im Fahrwerkschacht eines Flugzeugs versteckt und war erfroren. Als die Triebwerke vor der Landung ausgefahren wurden, fiel er aus seinem Versteck.
Das ist der Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht und unserer Indifferenz gegenüber den Flüchtlingen. «Das Thema Migration ist durch Distanzierung gelungen umgesetzt.», meinte Juror Stefan Gmünder. Für Klaus Kastberger war der Text zu journalistisch: «Ich finde den Text am stärksten, wo er nicht er selbst ist.»
«Sehr gepflegte, etwas überkandidelte Sprache»
Der stärkste Text des Abschlusstages stammte vom gestandenen Frankfurter Autor Eckhart Nickel, einem literarischen Wegbegleiter von Christian Kracht. Mit dem besten ersten Satz: «Mit den Himbeeren stimmte etwas nicht.» Ein Mann geht eines Samstags auf den Markt, und mit den Himbeeren stimmt eben etwas nicht...
Eine Art «Brave New World» entspinnt sich, in der das Unbehagen in unserer Kultur an allen Ecken und Enden aufscheint. Jurorin Hildegard Keller störte sich zwar an der «sehr gepflegten, etwas überkandidelten Sprache».
Insgesamt aber forderte der «Hyperrealismus» und das «Mikroskopische» des Texts die Jury heraus. Bis hin zur Frage, ob der Text sich mehr an Hugo von Hoffmannsthal, Adalbert Stifter oder gar Ernst Jünger orientiere.
Unsere persönlichen Favoriten für einen Preis sind: Ferdinand Schmalz, Barbi Markovic, Eckhart Nickel und John Wray.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Nachrichten, 05.07.2017, 6:01 Uhr