In «Echos Kammern» zeigt sich Iris Hanika als eine Meisterin schräger Szenen. Wie aus dem Nichts konfrontiert die in Berlin lebende deutsche Schriftstellerin ihre Figuren mit absonderlichen Ideen, verqueren Einschüben und intelligenten Anschlüssen.
Party mit Beyoncé
Die knapp 240 Seiten von Hanikas fünftem Roman sind voll geistreicher Bezüge, die sie in immer wieder neue literarische Formen verpackt. «Das Buch ist sehr humorvoll und ironisch geschrieben, luftig und leicht zu lesen, weil es sehr skurril erzählt ist. Hanika erfindet lustige Events. So gehen wir Lesenden etwa auf eine Party der US-Sängerin Beyoncé», sagt SRF Literaturredaktorin Nicola Steiner.
Das Leitthema des Buches ist Narzissmus, wobei die Geschichte um Ovids Mythos von der unmöglichen Liebe zwischen dem völlig ichbezogenen Halbgott Narziss und der ihm restlos verfallenen Nymphe Echo gebaut ist. «Das Buch hält unserer selbstverliebten Gesellschaft den Spiegel vor, denn Hanika verwebt die Antike und die Gegenwart organisch miteinander, wie es nur gute Literatur kann», so Steiner.
Hochkarätige Konkurrenz
Nach der erneuten Absage der Buchmesse fand die Preisvergabe unter Corona-Bedingungen im Rahmen einer Sonderausgabe des Lesefestes «Leipzig liest» statt. Die Jury war in Leipzig vor Ort, die Nominierten wurden zur Verleihung per Video zugeschaltet.
Der Preis der Leipziger Buchmesse zählt zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen in Deutschland. Er ist mit 15'000 Euro dotiert. «Iris Hanika war die absolute Aussenseiterin, niemand hat mit dieser Entscheidung gerechnet – am wenigsten sie selbst», erklärt Steiner.
Hanika setzte sich in der Sparte Belletristik gegen Judith Hermann («Daheim»), Friederike Mayröcker («da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete»), Helga Schubert («Vom Aufstehen: Ein Leben in Geschichten») sowie Christian Kracht («Eurotrash») durch. Im vergangenen Jahr war Lutz Seiler für seinen Nachwende-Roman «Stern 111» ausgezeichnet worden.