«Es beginnt meistens mit einem schönen Satz.» Dies sagt Heinz Helle. Er ist Autor, 34-jährig und dieses Jahr Schweizer Teilnehmer am renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis im österreichischen Klagenfurt. Nun ja, quasi: Helle kommt aus München, besuchte aber in Biel das Schweizerische Literaturinstitut. Und Biel ist seither auch sein Wohnort, hier lebt er mit seiner Familie.
Hochblüte in den 80er-Jahren
Am 3. Juli starten die 37. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt – das Wettlesen um den Bachmann-Preis geht erstmals überhaupt ohne Schweizer Beteiligung über die Bühne. Für viele ein Tiefpunkt, reisten doch zu den besten Zeiten in den 1980er Jahren bis zu zehn Schweizer Autoren nach Kärnten. Und sie gewannen regelmässig: 1981 (Urs Jaeggi), 1982 (Jürg Amann), 1984 (Erica Pedretti) und 1985 (Hermann Burger).
Danach nahm der Erfolg stetig ab: 1994 (Reto Hänny) und 2009 (Jens Petersen) hiessen die letzten hiesigen Gewinner. Dieses Jahr bemühten sich die Schweizer Jurymitglieder Juri Steiner und Hildegard Elisabeth Keller vergeblich um valable Bewerber.
«Mit Sprache Probleme lösen»
«Unser Mann» in Klagenfurt ist also 2013 der Wahlschweizer Heinz Helle, und er gehört zum Favoritenkreis. Sein Debüt erscheint 2014 im Suhrkamp-Verlag. Helle studierte Philosophie in München und New York und arbeitete nebenbei als Werbetexter. Ein Gegensatz, klar, aber für Helle kein Widerspruch: «Was beide Bereiche verbindet, ist, dass man versucht, mit Sprache Probleme zu lösen.»
Text von Heinz Helle
Von 2009 bis 2012 studierte er in Biel. Wieder ein Gegensatz: Vom grossen München ins kleine, zweisprachige Biel. Die Kleinstadt bekommt Helle gut, es sei eine etwas kaputte Stadt mit schönen Ecken und offenen Menschen. Und er schätzt die Langsamkeit: «Wenn man sich beeilt, übersieht man zu viel.» Zu seinen aktuellsten Veröffentlichungen zählt die Kurzgeschichte «Torben hat Glück» von 2012.
Statt von Literatur redet man vom Ende
Neben Helle nehmen am diesjährigen Klagenfurter Wettbewerb dreizehn Autoren teil, elf aus Deutschland (sechs davon aus Berlin) und zwei aus Österreich. Sie stellen sich mit ihren Texten Publikum und Jury. Zum Beispiel Zé do Rock, ein Brasilianer der in Deutschland lebt. Der Satiriker fällt mit seiner freien Sprache fernab orthographischer Regeln auf, etwa mit seinem Debüt «fom winde ferfeelt» (1995) oder «deutsch gutt sonst geld zuruck» (2002).
Im Vorfeld prägten aber nicht die Autoren und ihre Inhalte die Berichterstattung über den Bachmann-Preis, sondern der geplante Rückzug des ORF. Obwohl das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, redete man vom drohenden Ende des Preises, von «griechischen Zuständen».
Wodka soll Literatur sponsern
Der österreichische Rundfunk – respektive das Landesstudio Kärnten – organisiert den viertägigen Wettbewerb und droht, ihn aus Spargründen fallenzulassen. Man schätzt die Kosten auf 350'000 Euro. Der mit 25'000 Euro dotierte Bachmann-Preis selbst wird von der Stadt Klagenfurt gestiftet.
Die Kärntner ORF-Chefin Karin Bernhard will den Wettbewerb mit neuen Partnern und Sponsoren retten. Bereits hat ein lokaler Hersteller von Bio-Wodka angeboten, den Wettbewerb 2014 zu finanzieren – ein anscheinend ehrlich gemeintes Angebot.
Wie auch immer die Geschichte endet: Es hagelte Kritik für den ORF. Allein die Diskussion darüber beschädige das Ansehen des Wettbewerbs, klagte die Jury in einem offenen Brief an Generaldirektor Alexander Wrabetz. Wie sagte es Heinz Helle: Mit Sprache Probleme lösen. Man möchte es den Beteiligten ans Herz legen.