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Literatur Ein packender Comic-Roman über Asylsuchende im Osten Deutschlands

Mit Pinsel und Bleistift dokumentiert Paula Bulling, was sie von Flüchtlingen in Deutschland erfährt. In ihrem Graphic-Novel-Debüt «Im Land der Frühaufsteher» setzt sich die 26jährige Zeichnerin mit der restriktiven Asyl-Gesetzgebung auseinander.

Die Bilder im 125 Seiten dicken Comic-Buch sind schwarz-weiss gehalten, manchmal in groben Strichen, manchmal detailverliebt. Die ausdrucksstarke Mimik der Figuren spricht für sich, zudem stehen in den Sprech- und Denkblasen Texte auf Deutsch, Französisch und auf Mòoré, eine Hauptsprache in Burkina Faso.

Zu Beginn inszeniert sich die Zeichnerin Paula Bulling selbst, wie sie in einen Afroshop geht, eine Fanta trinkt und gedrehte Zigaretten raucht. Nach ein paar Minuten spricht ein Mann aus Guinea sie an. So beginnt sie ihre Recherche und lernt immer mehr Asylsuchende im Bundesland Sachsen-Anhalt kennen.

Bedrückende Einblicke in eine andere Welt

Bald macht sich die Ich-Erzählerin mit einer Freundin auf den Weg zu einem trostlosen Plattenbau weit weg von Wohngebieten. Sie besuchen befreundete Flüchtlinge, die Einblicke in deren Alltag gewähren.

Ein bedrückendes Gefühl befällt die beiden Frauen, als sie die spartanisch eingerichteten Zimmer, die Lebensmittelkarten für drei Malzeiten pro Tag und die Transferlisten betrachten. Der Vergleich mit einem Aufenthalt im «Knast» fällt.

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Paula Bulling: «Unglaublich, dass man Leute zwingt, so zu leben.»
00:21 min
abspielen. Laufzeit 21 Sekunden.

Kontrastreiche Momentaufnahmen

Aber trotz den augenfälligen sozialen Unterschiede entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den Asylsuchenden und den deutschen Gästen: Während der warmen Monaten verbringen sie viel Zeit mit Diskussionen, Velotouren und Kinobesuchen zusammen.

Gleichzeitig wird die Ich-Erzählerin ungewollte Zeugin von alltäglichem Rassismus, eskalierenden Demonstrationen und unaufgeklärten Verbrechen. Die fassungslose Deutsche fragt in einer Sprechblase: «Was soll man denn tun, wenn einen so ein Thema beschäftigt?» Ihre Antwort: Sie möchte die deutsche Gesellschaft sensibilisieren.

Die ehrliche Gefühlslage der Autorin

Paula Bulling

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Legende: avant-verlag

Die Zeichnerin Paula Bulling (geboren 1986 in Berlin) studierte ab 2006 Keramik und folgend Kommunikationsdesign an der Kunsthochschule in Halle an der Saale. Sie lebt heute wieder in Berlin. Der Comic-Roman «Im Land der Frühaufsteher» erschien 2012 im Avant-Verlag und ist Bullings erste Veröffentlichung.

In zahlreichen Situationen ist die Hauptperson im Comic-Roman vor den Kopf gestossen. Sie stellt ihre persönliche Empörung, Verzweiflung, Entsetzung und ihre Trauer ganz nackt dar. Die Heime, allesamt trostlose Plattenbauten, sind schlicht und kalt auf Doppelseiten abgebildet.

Der Comic-Roman lässt sich dank der bildlichen Darstellung und den knappen Texten flüssig und kurzweilig lesen. Die düsteren Bilder sind eindringlich und vermitteln direkt und unverblümt den Eindruck des trostlosen und perspektivlosen Alltags der Asylsuchenden.

Eigentlich handelt es sich beim Titel «Im Land der Frühaufsteher» um einen Werbeslogan für Sachsen-Anhalt, weil das Bundesland mit seiner Frühaufsteher-Mentalität um potentielle Investoren wirbt. Im Gegensatz zu den Drahtziehern in der Wirtschaft sind die Flüchtlinge in den Heimen in ihrer Lebensweise und Bewegungsfreiheit existenziell eingeschränkt.

Der «weisse Blick» auf die «schwarze Not»

Die Geschichte erzählt Paula Bulling aus einer subjektiven Perspektive. In einer längeren Episode hinterfragt ein Freund ihre Haltung, dass typischerweise ein weisser Mensch als Nichtbetroffener sich mit Flüchtlingen vorwiegend afrikanischer Herkunft auseinandersetzt und deren Geschichten erzählt.

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Paula Bulling zur Frage der «weissen» Perspektive.
00:43 min
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Die Entscheidung fiel schnell: Paula Bulling wollte aus ihrer Perspektive die Eindrücke und Erfahrungen darstellen, weil sie nicht das traditionelle Raster der «fortschrittlichen Weissen» auf die «armen Schwarzen» reproduzieren wollte.

Die Suche nach dem authentischen Klang

Der Koautor des Buches «Im Land der Frühaufsteher» ist Noel Kaboré. Er hat in der entworfenen Comic-Geschichte den Sprechpart der Asylsuchenden getextet. Ohne ihn, so die deutschsprachige Paula Bulling, hätte sie niemals die Authentizität hinbekommen, wie sich die Flüchtlinge ausdrücken.

Insofern drückt neben allen schockierenden Bildern immer wieder ein Hauch Komik durch. Zum Beispiel, als der Fernseher im Heim nicht mehr funktioniert und die eine Asylantin schimpft: «Was ist los mit dein Asylanten-Fernseher?»

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