«Das ist meine Rentenversicherung», erklärte Stieg Larsson seiner langjährigen Lebenspartnerin Eva Gabrielsson im Sommer 2004. Soeben hatte ein grosser schwedischer Verlag die mehrere tausend Seiten umfassenden Manuskripte seiner «Millenium»-Krimiserie für die Publikation akzeptiert. Zuvor lehnten mehrere Verlage das Werk, das von Larsson selbst ursprünglich auf zehn Bände ausgelegt war, kommentarlos ab.
Der Erfolg kam unerwartet
Damals ahnten weder Larsson noch seine Partnerin, die er im Herbst heiraten wollte, wie erfolgreich seine Bücher werden würden. Die faszinierenden Geschichten von der Meisterhackerin Lisbeth Salander schafften es nach ganz oben auf die Bestsellerlisten. Weltweit.
Larsson erfuhr davon nie: Denn noch vor der Erstpublikation verstarb er. Am 9. November 2004 erlitt er einen Herzinfarkt – noch vor der geplanten Heirat. Eva Gabrielsson ging beim Nachlass des Meisterautoren leer aus. Stattdessen wurden Stiegs Bruder und Vater zu Multimillionären. Und das obwohl Larsson sich mit ihnen schon früh aus politischen Gründen überworfen hatte.
Der politische Mensch Larsson
Widersprüchliches und Politisches hatte schon fast sein ganzes Leben geprägt. Larsson wurde in Nordschweden geboren. Er wuchs in einer Arbeiterfamilie unterhalb des Polarkreises auf und erlebte als Jugendlicher mit, wie Rechtsextremisten eine junge Frau vergewaltigten.
Wie Bekannte erst nach seinem Tod berichteten, war dies ein traumatisches Schlüsselerlebnis für den jungen Stieg Larsson. Er setzte sich fortan auf verschiedene Arten gegen rechtsextremistische Strömungen ein. Als junger Student und überzeugter Kommunist reiste er nach Ostafrika, wo er sich als Legionär den Befreiungsbewegungen in Eritrea und Äthiopien anschloss. Obwohl diese letztlich die alten Regimes von der Macht verdrängen konnten, entstanden daraus später neue Militärdiktaturen.
Literarisch und politisch überaus aktiv
Nach seiner Rückkehr nach Schweden begann Stieg Larsson seine Tätigkeit bei der schwedischen Nachrichtenagentur. Hier übernahm er den Posten des Nachtdienstleiters. Das ermöglicht ihm, sich tagsüber ganz seinem politischem Engagement zu widmen. 1995 gründete er die Zeitschrift «Expo», welche rechtsextreme Aktivitäten in Schweden zum Thema macht. In dieser Zeit lebte Larsson intensiv, aber ungesund: Er verzichtete oft auf Mahlzeiten und Schlaf. Stattdessen hielt er sich mit viel Kaffee und bis zu 60 selbstgerollten Zigaretten pro Tag wach.
Daneben fand der in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend und scheu auftretende Publizist in den letzten zehn Jahren seines kurzen Lebens die Zeit, die ersten drei Teile seiner «Millenium»-Krimis zu verfassen. In diesen verarbeitete Larsson nicht nur seine – teilweise zum konspirativen neigenden – Ängste von rechtsgerichteten politischen Kräften im Land, sondern auch seine gesammelten Gewalt-Erfahrungen.
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Er bleibt ein Mysterium
Seit seinem Tod vor zehn Jahren haben sich nicht nur Larssons Krimi-Erstlingswerke zig-millionenfach in über 50 verschiedenen Sprachen verkauft, sondern auch zahlreiche Bücher über den verstorbenen Starautoren sind erschienen. Sämtliche tun sich allerdings äusserst schwer, sich dem Menschen hinter den «Millenium»-Büchern zu nähern. Wie die Meister-Hackerin Lisbeth Salander bleibt deshalb auch Stieg Larsson ein Mysterium.