Angefangen hat Gérard de Villiers in den 50er Jahren als Recherchier-Journalist für französische Zeitungen und Magazine. Diese Arbeitsmethode hat er auch als Autor von Spionageromanen beibehalten. Seit 1965 hat Gérard de Villiers 197 Folgen seiner «SAS»-Serie rund um den fiktiven CIA-Agenten Malko Linge publiziert. Das Besondere daran: Die Geschichten spielen immer an den Brandherden der aktuellen Weltpolitik, und sie stecken voller Details über reale Schauplätze, reale Akteure und deren Motive.
Weltumspannendes Informantennetz
In fünf Jahrzehnten und auf unzähligen Reisen hat sich de Villiers auf allen Kontinenten ein enormes Netzwerk an Zuträgern, auch aus Geheimdienstkreisen, aufgebaut. Es sind die Informationen aus diesen Sphären, die seinen Geschichten das besondere Etwas verleihen. Seien es die Kriege in Syrien und Mali oder die internationalen Konflikte um Afghanistan oder den Iran – Gérard de Villiers reist trotz seiner 83 Jahre alle drei Monate in eine Krisenregion dieser Welt und schildert die aktuellen Entwicklungen getarnt unter dem Deckmantel eines neuen «SAS»-Thrillers. Vier bis fünf Bücher erscheinen so jedes Jahr, ohne Unterbruch, seit 1965.
Immer wieder entwickelt er hellseherische Fähigkeiten, wenn er so gut informiert ist, dass er Entwicklungen und Ereignisse beschreiben kann, die später tatsächlich eintreffen. So geschehen etwa beim Mordanschlag von islamistischen Armeekreisen auf den ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat im Jahr 1981. Ein ganz ähnliches Szenario hatte de Villiers einige Monate vorher in seinem Thriller «Das Komplott von Kairo» beschrieben. Darin hatte er aufgezeigt, welche Kräfte im Hinter- und Untergrund am Werk waren. Die Zeit war reif dafür, und Gérard de Villiers hatte wie so oft schon das Gras wachsen gehört.
Pflichtlektüre für machtpolitisch Interessierte
Kein Wunder interessieren seine Stories auf höchster Ebene. «Giscard liest meine Geschichten, Sarkozy behauptet es, aber ich glaube ihm nicht, Chirac hingegen hat sie alle gelesen», berichtet de Villiers beiläufig. «Einmal lud mich Hubert Védrine, der frühere linke Aussenminister Frankreichs, zum Essen ein, mich, einen Rechten. Ich fragte ihn warum. Er sagte: ‹Ich habe ihre Bücher gelesen und bin erstaunt, dass sie über dieselben Quellen verfügen wie wir.› Es ist schon so, viele Geheimdienstler und Diplomaten lesen meine Bücher.»
Auf Deutsch sind de Villiers «SAS»-Romane unter dem Serientitel «Malko» erschienen, allerdings nur bis 2001. Zusammen mit allen Raubkopien in russischer, spanischer oder anderer Sprache dürften insgesamt gegen 200 Millionen Exemplare verkauft worden sein – das ist vermutlich Weltrekord.
Sex sells, im Buch wie im Leben
De Villiers Romane sind immer gespickt mit deftigen Sexszenen. Das schreibe er nicht nur zur Verkaufsförderung, auch da stecke viel Wahrheit drin: «Warum wurde Petraeus aus der CIA entfernt? Weil er eine heimliche Geliebte hatte, diese junge Biografin. Solche Sex-Geschichten gibt es zu Hunderten, andauernd. Macht zieht Sex an, das ist überall so. Kaum kratzt man etwas an der Oberfläche, kommen richtig prickelnde Geschichten ans Licht.»
So lässt de Villiers seinen Helden Malko Linge nicht nur brenzlige Fälle lösen für die CIA, er schickt ihn auch regelmässig in erotische Abenteuer und beschreibt diese Eroberungen so deftig wie klischiert. Den Vorwurf des Sexismus weist der Autor jedoch zurück. Er beschreibe die Frauen nie als reine Objekte, sondern immer als vollwertige aktive Personen, so wie er sie selber immer wieder erlebt habe. «Ich habe viele beeindruckende Frauen kennen gelernt, die eine wichtige Rolle spielen in den Geheimdiensten, an der Spionagefront. Weniger bei den Amerikanern, da sind sie nicht so wichtig, aber bei den Israeli und besonders bei den Russen, da sind viele Frauen im Geheimdienst tätig, bei den Engländern auch einige.»
Bleibt die Frage nach dem Motiv. Warum erzählen ihm professionelle Heimlichtuer derart viel von ihrem Insiderwissen? «Es gibt immer wieder Leute, die wollen, dass sich etwas rumspricht. Nehmen sie zum Beispiel mein Buch ‹Programm 111›, das von der iranischen Nuklear- und Raketenrüstung handelt. Da bekam ich von gewissen Leuten Geheiminformationen, die sie selber nicht veröffentlichen durften. Aber ich wusste, dass sie diese Informationen über mich anderen Kreisen mitteilen wollten. Und so hab ich das dann auch raus gebracht. Aber meine Quellen schütze ich immer. Man weiss eben, dass ich korrekt bin, das Vertrauen nicht missbrauche und gesetzte Grenzen nicht überschreite.»
Als nächstes steht eine doppelbändige Geschichte aus Kabul auf dem Programm. Gérard de Villiers wird dafür zwei Wochen lang in Afghanistan recherchieren. Im Oktober soll dann die Nummer 200 von Malko Linges Abenteuer erscheinen.
«Ich mache weiter, solange mir Gott die Kraft dazu gibt. Ich habe nicht die geringste Lust auf den Ruhestand.» Sagt's und hängt sich schon wieder ans Telefon, um mit einem seiner vielen Kontaktmänner in Kabul letzte Vorkehrungen für seine Reise zu besprechen.