1990 war ich noch nicht lange aus Deutschland in die Schweiz zurückgekehrt. Dank den «Wiederkäuern», unserer «Soirée récréative» zusammen mit Wolfi Berger und Jürg Kienberger, wurde ich vom Publikum in der Schweiz aufs Wärmste willkommen geheissen, sodass ich im Herbst getrost an den Bielersee zur Wümmet fuhr, um mich zwischen Rebstöcken nützlich zu machen.
Ebenda erhielt ich während eines währschaften Winzer-Zvieris den alles entscheidenden Anruf vom Schweizer Radio, genauer von Fritz Zaugg, Hörspielregisseur.
Ich kann nicht viel – aber das kann ich
Ich kannte ihn noch von unserer gemeinsamen Schauspielschulzeit in Zürich. Er sagte: «Ich han e Frag.» Diesen Satz sollte ich in den nächsten Jahren noch oft von ihm hören. «Ich han e Frag: Chasch du Züridüütsch?»
Was für eine Frage. Ich kann nicht viel, aber das kann ich. Und er erzählte mir in groben Zügen die Idee von einem Privatdetektiv aus Zürich, der Franz Musil heisst. Erfolglos, mit viel Einsatz, mit noch mehr Charme und noch weniger Geld.
Franz Musil wird geboren
Fritz schickte mir das Manuskript. Und einige Tage später rief ich ihn an: «Mir gefällt die Idee sehr gut, mir hat es aber teilweise zu viel Papier und zu wenig Szenisches. Kannst du zu mir nach Basel kommen, das muss man bearbeiten.» Dafür, dass das meine erste Hörspielanfrage vom Schweizer Radio war, war das doch etwas dick aufgetragen. Doch Fritz meinte: «Kein Problem, mache ich gerne.» Und er kam. Wir verstanden uns sofort, denn wir hatten denselben Humor.
Dieses Treffen ist insofern denkwürdig, weil es der Anfang einer äusserst lustigen und produktiven Zusammenarbeit war. Und was noch viel wichtiger ist, es war der Anfang einer grossartigen Freundschaft. Von den unzähligen Produktionen, die wir zusammen produzierten, gibt es viele Fotografien. Auf allen lacht mindestens einer von uns, man hat nicht den Eindruck, dass da hart gearbeitet wurde. Das wurde es aber in der Tat. Und wie!
Musils erster Fall
«Schnee us Chlote»: Während den Aufnahmen im Studio nahm Franz Musil Gestalt an. Vor dem Mikrofon fing er an zu leben, verliess das Manuskript und begab sich auf die Reise durch die Szenen. Fritz hatte Besonderes vor mit dem Musil. Seit Jahren gab es keine öffentlichen Hörspielpremieren mehr. Das Hörspiel schlief überhaupt sanft im frösteligen Schatten des Fernsehens. Fritz hat sich nicht damit abgefunden.
Mit dem Musil wollte er wieder öffentliches Hörspielhören lancieren. Im Saal vom hinteren «Sternen». Der Saal war zum Bersten voll. Der Kellner wurde nicht fertig mit Einkassieren. Da sprang Fritz auf: «Ech übernimme die Getränk, mache si mer e Rächnig. Und jetz fömmer aa.» Fritz bezahlte also aus eigener Tasche Rivellas und Süssmost und es konnte endlich losgehen. Rund 200 Hörerinnen und Hörer lauschten gebannt.
Sieben auf einen Streich
Es war ein Riesenerfolg für Musil und für Fritz. Für beide sollte es nicht der Letzte sein. Von 2002 bis 2013 leitete Fritz die Abteilung Hörspiel und Satire von SRF und Musil löste insgesamt sieben Fälle. Einen achten sollte er zusammen mit Fritz und mir lösen, im Herbst. Leider ist dieser mir in 20 Jahren liebgewordene Freund vor einigen Wochen viel zu früh verstorben. Fritz fehlt vielen. Auch mir und dem Musil.