Die unerhörte Begegnung findet in einer Kleinstadt an der Ostküste der USA statt: Die Molekularbiologin Johanna Mawet trifft den Physiker Johann Wilhelm Ritter. Eine sehr sonderbare Zufallsbegegnung auf dem Highway, denn Ritter ist schon 1810 gestorben. Er war 33 damals und eine prägende Figur der deutschen Romantik. Und jetzt ist er hier, in Dark Harbour, in den USA. Es ist die Begegnung mit einem Toten. Wie kann das sein?
Der Unsterblichkeit auf der Spur
Dem Zebrafisch gehört Johannas ganze Zuneigung. An Fischen und Mäusen gelingt ihr die Regeneration von Nervenzellen. Jetzt soll sie auch beim Menschen das Leben verlängern. Die Zellalterung kann verhindert werden, da ist sich die Biologin sicher.
Eine Elite-Universität in den USA stellt die Arbeitsbedingungen, die ihre ambitiösen Forschungen benötigen. Johanna Mawet ist dem Geheimnis der Unsterblichkeit auf der Spur, nichts weniger, als sie auf den unheimlichen Fremden trifft.
Fauststoff mit Science Fiction
Ambitiös ist auch das Arrangement, das Thea Dorn für diesen gross angelegten Wissenschaftsroman trifft. Er verbindet den Fauststoff mit Science Fiction und Elementen der Phantastik. Dafür hat Dorn viel recherchiert, sehr viel. Ihr Roman kennt den aktuellen Forschungsstand in der Biotechnik ebenso wie in der Historie der deutschen Romantik.
Auch das Leben Johann Wilhelm Ritters hat die Autorin präzis erkundet. Ritter, der Physiker der Goethezeit, der mit galvanischen Forschungen bekannt wurde und an elektrischen Selbstversuchen früh gestorben ist. In Dorns Fiktion hat er seinen eigenen Tod vielfach überlebt. Ein Getriebener durch Zeit und Raum, ein junger Mann von über zweihundert Jahren, der jetzt in einer Hütte im Wald wohnt und für Aushilfsjobs im Supermarkt arbeitet.
Verstiegen und konstruiert
Ritter kann nicht sterben. Das macht ihn zu Johannas Forschungsobjekt und die beiden Protagonisten zu einem seltsamen Paar. Sie sind die Unglückseligen. Auch der Teufel tritt auf und wendet sich mit Einreden direkt an die Leser. Er tut es in eigener Sprache, so wie der Stil der Protagonisten zwischen Umgangssprache und alter romantischer Rede wechselt.
Verstiegen klingt das, sehr konstruiert und unangenehm ausgedacht. Und verstiegen ist es. Dieser Roman ist selbst eine Versuchsanordnung, der einfach kein Leben einzuhauchen ist. Dagegen wimmelt es von gelehrten Verweisen und getarnten Anspielungen aus Literatur und Wissenschaft. Ein Glücksbuch der Gelehrsamen möglicherweise. Thea Dorn, die ihren Autorennamen an den Philosophen Theodor W. Adorno anlehnt, stellt ihre beträchtlichen intellektuellen und sprachlichen Mittel aus.
Das ist viel, aber nicht genug. Eine Geschichte eigenen Rechts kann so nicht herauskommen. Nur eine Gedankenübung, die unbedingt auf der Höhe der Zeit sein möchte. Einen Essay oder eine Novelle hätte das vielleicht ergeben, einen Roman besser nicht.