SRF Kultur: Sie kannten Urs Widmer seit vielen Jahren und waren persönlich mit ihm verbunden. Was ging Ihnen bei der Nachricht von Widmers Tod als Erstes durch den Kopf?
Franz Hohler: Ich war ja vorbereitet – ich habe Urs Widmer kurz vor seinem Tod noch besucht. Wir beide wussten, dass es ernst war. Und trotzdem erschrickt man zutiefst und denkt: Ach, ist es jetzt schon so weit… Ich sah auch, wie sich mit seinem Tod ein Werk schloss. Ein Gesamtwerk, das mich immer sehr gefreut, beeindruckt und fasziniert hat.
Das Gesamtwerk von Urs Widmer wird bleiben – was bleibt für Sie persönlich von ihm?
Ein sehr fröhlicher, herzlicher und lebenskluger Mensch und Freund. Damit verbunden sind auch etliche kleine Zeichen, die wir ausgetauscht haben: Er hat meine Sachen gelesen, ich habe seine Sachen gelesen, und er besuchte meine Bühnenprogramme als Zuschauer. Ich glaube, das komödiantisch-fantastische Element hat uns verbunden.
Tragik und Komik sind in Ihren wie auch in Widmers Werken wichtig. Haben Sie sich darüber auch ausgetauscht?
Eigentlich nicht. Es gab jedenfalls keine nächtelangen Dichtergespräche, wo wir uns gegenseitig bestätigt haben, dass erst im Humor der eigentliche Schatten lauert. Das war für uns beide eine Selbstverständlichkeit.
Zum ersten Mal kamen Sie ja mit Urs Widmer in Kontakt, als er für die Basler Zeitung Ihr zweites Buch «Idyllen» besprach. Was ist Ihnen von der Buchbesprechung geblieben?
Ich erinnere mich noch gut, dass er einen kleinen ironischen Abschluss geschrieben hat zu meinem Stück über Basel. Darin hatte ich beschrieben, wie ich von Kleinbasel aus über den Rhein auf das Kaffeehaus Spillmann blicke und die Kellner darin beobachte. Als Basler, schrieb daraufhin Widmer, müsse er nachtragen, dass es bei Spillmann nur Kellnerinnen gäbe.
Ich habe ihn bei meinem letzten Besuch darauf angesprochen, weil gerade eine Gesamtausgabe meiner kurzen Erzählungen vorbereitet wird. Ich sagte ihm, dass ich wieder auf diese Kellner/Kellnerinnen-Geschichte gestossen sei und dass ich mir überlege, dies zu ändern. «Niemals! Nicht ändern!», sagte darauf Widmer. Er selbst würde nie etwas ändern, wenn er nachträglich auf einen «Fehler» hingewiesen würde. Dahinter stand wohl sein Glaube an Fantasie – und dass man letztlich als Autor immer das Richtige schreibt, auch wenn es falsch ist.
In Widmers Roman «Herr Adamson» ist der Tod ein Thema – haben Sie mit Urs Widmer über den Tod gesprochen?
Ja, das haben wir. Er sah dem Tod mit grosser Gelassenheit entgegen.