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Literatur Von einem der auszog und dann doch Diogenes-Verlagschef wurde

Diogenes, einer der wichtigsten belletristischen Verlage, steht seit zwei Jahren unter neuer Leitung. Philipp Keel, der Sohn des Verlagsgründers Daniel Keel, führt jetzt den Verlag. Für ihn ist das Würde und Bürde zugleich. Ein Rückblick und ein Blick nach vorn.

Mitte 40 ist er jetzt und fast 30 Jahre war er draussen in der Welt. Nach Boston, München und Los Angeles zog es ihn. Hauptsache weg von Zürich. Hauptsache den eigenen Weg als Künstler gehen. Hauptsache nicht Verleger werden. Heute ist Philipp Keel zurück. Und immer noch Künstler. Vor allem aber Verleger.

Philipp Keel

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Geboren am 16. Juli 1968, Sohn von Verleger Daniel Keel und der Malerin Anna Keel hat einen Bruder, Jakob Keel. Ausbildung am Berklee College of Music in Boston, dann Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Er arbeitete in der Werbung, machte Dokumentarfilme und Fotokunst. Seit April 2012 leitet er den Diogenes Verlag.

Seit dem Tod seines Vaters vor zwei Jahren sitzt er im Büro an der Sprecherstrasse in Zürich. Dort, wo sein Vater Daniel Keel über Sein und Werden des Diogenes-Verlags entschieden hat. «Der Druck, mit dieser merkwürdigen Verlegerfamilie in Einklang zu kommen und Verleger zu werden, war natürlich immer da», erklärt Philipp Keel. «In meinem Fall war aber von klein auf klar, dass ich eine Künstlernatur bin. Ich habe gespürt, dass ich mit dem, was mir gegeben ist, etwas anfangen muss.» Das künstlerische Talent hat er von seiner Mutter geerbt, der Malerin Anna Keel.

Musiker, Maler, Verleger

Philipp Keel verliess also mit 16 Jahren das Elternhaus, ging nach Boston, um Musik zu studieren. Über einige Umwege landete er schliesslich in Los Angeles, wurde Fotokünstler und spielte nicht mehr Klavier. «Stattdessen habe ich versucht, die Farbwelt, die es in der Musik gibt, in meine Bilder fliessen zu lassen. Deshalb gibt es jetzt ein paar tausend Bilder, die nicht entstanden wären, wenn ich weiter Klavier gespielt hätte.»

Ganz leicht ist ihm der Wechsel an die Spitze des Diogenes-Verlages nicht gefallen. Aber: «Ich dachte, entweder probiere ich es jetzt oder lasse es sein». Trotzdem: Ein Wahnsinn sei es eigentlich, dieses gigantische Lebenswerk seines Vaters weiterzuführen.

Star-Autoren halten und Jungtalente aufspüren

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Philipp Keel: Was ich gelernt habe in den zwei Jahren?
Aus Kultur Extras vom 13.03.2014.
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Und da sitzt er nun am Schreibtisch des Vaters. Charmant und charismatisch, liebenswürdig und neugierig. Und was hat er gelernt, seit er nun doch Verleger ist? Philipp Keel denkt nach. «Es ist verrückt, aber ich kann nicht mal meinen Alltag beschreiben, geschweige denn, eine klare Antwort geben, was ich in dieser Zeit gelernt habe.»

Doch, etwas gebe es natürlich schon, fügt er dann bei. «Man lernt, mit einer ganz neuen Disziplin verschiedene Aufgaben parallel zu bewältigen. Man lernt auch, dass man vielen Leuten zuhören muss, und am Schluss muss man selbst wissen, was richtig ist.»

Geerbt hat Philipp Keel mit dem Verlag auch eine ganze Reihe hochkarätiger Autoren. Sie bescheren ihm einen Bestseller nach dem anderen: Martin Suter, Urs Widmer, Donna Leon, Paulo Coelho, Ingrid Noll und, und, und. Alles wunderbar, aber auch neue Namen gehören in ein Verlagsprogramm.

Stefan Bachmann zum Beispiel, der Shooting-Star unter den Jungautoren. Mit seinem englisch geschriebenen Fantasy-Roman «Die Seltsamen» hat der 20-jährige Amerika-Schweizer in den USA für Furore gesorgt. Soeben ist sein Buch auf Deutsch bei Diogenes erschienen. Mit Erfolg. Die erste Auflage ist bereits weg, und es muss nachgedruckt werden.

Er musste das Rambazamba der Eltern ertragen

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Philipp Keel: Es ist abstrus, dieses Lebenswerk fortzuführen
Aus Kultur Extras vom 13.03.2014.
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Kontakt mit Künstlern und Autoren hat Philipp Keel seit eh und je. Im Elternhaus gingen Leute wie Fellini, Dürrenmatt oder Loriot ein und aus. Ebenso die Mal-Modelle, die die Mutter zum Teil von der Strasse mitgebracht hat. «Das sind für uns Kinder alles Verrückte gewesen», sagt Keel rückblickend. «Aber es ist auch das Schönste, was einem passieren kann: das Lebendige und nicht das Anständige und Brave.» Allerdings: «Wenn nur Rambazamba ist die ganze Zeit, dann muss man als Kind schon einiges ertragen.»

«Kinder vom Bahnhof Zoo» zu Besuch

Diogenes

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Der Verlag wurde 1952 von Daniel Keel gegründet. Das erste publizierte Buch war Ronald Searles «Weil noch das Lämpchen glüht». Seitdem erschienen 6‘756 Titel von 884 Autoren, insgesamt in einer Auflage von über 200 Millionen. Jährlich gibt der Verlag 176 Neuerscheinungen heraus. Diogenes wurde 12 mal als «Verlag des Jahres» ausgezeichnet.

An eine Begegnung erinnert sich Philipp Keel besonders gut. Eines Tages, als er aus der Schule kam, sass eine junge Frau auf seinem Bett und rauchte. «Wer bist denn du?», fragte Keel. «Sie streckte mir die Hand hin und sagte: Hallo, ich bin die Christiane.» Es war Christiane F., das bekannte Mädchen von den «Kindern vom Bahnhof Zoo», drogenabhängig und kaputt. Anna Keel wollte ihr ein Heim, ein Nest und Zuneigung bieten. Der Versuch blieb erfolglos.

All diese Erfahrungen im Elternhaus waren eine Lebensschule für Philipp Keel. Insbesondere heute, als Verleger. «In dem Haus, das mein Vater ein Irrenhaus genannt hat, ist jeder Tag ein aufregender Tag.» Also wie zu Zeiten des Vaters. «Diese Gründer-Leidenschaft, diese Passion aus der Anfangszeit, kann man nicht kopieren», sagt Keel. «Ich kann aber für mich sagen, dass ich die Arbeit extrem gern mache.»

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