John Jackson, wie ist die Freundschaft mit John le Carré entstanden?
John Jackson: Als ich seinen Roman «Ein blendender Spion» vor dreissig Jahren für das Journal de Genève rezensierte, schickte ich ihm die Rezension zusammen mit einem Brief, der die Adresse unseres Romanischen Instituts in Bern an der Hallerstrasse trug.
Die Hallerstrasse ist eine Querstrasse zur Strasse, wo die Hauptfigur des Romans «Ein blendender Spion», Magnus Pym, wohnt und lebt. Ich habe ihm mehr zum Scherz geschrieben, dass es ihn vermutlich amüsieren werde, zu wissen, dass der Rezensent in der Nähe dieses Ortes die Rezension geschrieben hat. John le Carré hat sich darüber sehr gefreut und seither stehen wir in Kontakt. Wir haben uns mehrmals in Bern, in London und in seinem Haus in Hampstead getroffen.
Ist die Freundschaft durch ihren gemeinsamen Bern-Bezug entstanden?
Ja, was ihn gerührt hat, ist die Tatsache, dass wir beide ein gutes Verhältnis zu Bern hatten. Mich berührte, dass dieser Mann einer der menschlichsten Personen ist, die ich kenne. Es ist unglaublich angenehm mit ihm zusammen zu sein. Er ist nicht nur eine sehr charmante Person, er ist auch der grösste Komödiant, den ich kenne. Das sieht man auch in seiner Bewunderung für andere Komödianten.
In seinem letzten Buch «Der Taubentunnel» gibt es ein Kapitel, das er Alec Guinness gewidmet hat, einem der grössten englischen Schauspieler. Darin beschreibt er, was für eine unglaubliche Gabe der Mimetik Guinness hatte. Aber das gilt genauso für ihn selber. Er kann alle Stimmen, Akzente und Töne nachahmen und er tut das mit einer solchen Freude! Ich habe mir öfters gesagt, hätte er es nicht als Schriftsteller geschafft, wäre er als Komödiant erfolgreich gewesen.
Was ist John le Carrés Bezug zu Bern?
Als 17-Jähriger floh er aus England nach Bern. Er wollte nicht nur vor seinem Vater fliehen, sondern auch vor seinem Land. Und so kam er nach Bern, wo er sich – ich weiss nicht, wie er es damals geschafft hat ohne Matura – an der Philosophisch-Historischen Fakultät eingeschrieben hat, um Deutsch zu studieren.
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Er hatte bereits früher angefangen Deutsch zu lernen, obwohl Deutschland damals für einen Engländer der Erzfeind war. Trotzdem fühlte er sich von dieser Sprache und dieser Kultur angezogen. Bern war ein erster Schritt nach Deutschland. Aber es war auch der Ort, wo er innerlich zu sich kam, wo er verstand, was er mit seinem Leben machen wollte. Bern war auch die Stadt, in der er zum ersten Mal in Kontakt mit dem Secret Service kam.
Gibt es eine Erinnerung an Bern, die Sie mit ihm teilen?
Er hat mir mal geschrieben: «Wenn ich in Bern bin, dann wohne ich im Hotel Bellevue, weil es damals für mich, als ich 17 war, so unerreichbar schien». Die Tatsache, dass er sich das jetzt leisten kann, amüsiert ihn. Ich erinnere mich auch an ein gemeinsames Nachtessen in einer kleinen italienischen Trattoria nicht weit vom Hotel Bellevue entfernt. Dort merkten wir, dass wir die gleiche Freude an gewissen italienischen Weinen hatten.