Wolf Haas' Leser sind sich allerhand Kapriolen gewohnt: Sie erwarten alles, nur keinen stinknormalen Roman. «Es ist wie bei einem alten Ehepaar», sagt Haas, «wo der eine sagt, jetzt spinnt er wieder, aber wenigstens langweilt er mich nicht!»
Wenn sich der Geschlechtsakt anbahnt
Gefragt nach dem Titel seines neuen Buchs, «Verteidigung der Missionarsstellung», spricht Haas offen von einem «Anbaggertitel». Denn wer das Werk nach guten Argumenten für die etwas aus der Mode geratene Liebes-Position durchsucht, wird enttäuscht sein.
Im neuen Roman von Haas geht es vielmehr um all die kuriosen Situationen beim Anbahnen des Geschlechtsakts. Und um eine Hauptfigur, die sich immer dann verliebt, wenn grad irgendwo auf der Welt eine lebensbedrohliche Tierseuche ausbricht.
Schreiben als Gratwanderung
Den Ruf als Kultautor hat sich der frühere Werbetexter mit seinen ungewöhnlichen Krimis um den Detektiv Simon Brenner erschrieben. «Jetzt ist schon wieder was passiert!», so gehts los, und schon ist man mitten drin.
Wer einmal dem sprechsprachlichen Stil und der irrwitzigen Komik verfallen ist, kommt kaum mehr davon los. Haas: «Ich suche beim Schreiben diese Gratwanderung, wo ich mich fast nicht mehr drüber trau: Ist das nun peinlich, unmöglich oder gehts grad noch?»
Mit grafischen Tricks
Die traditionelle Prosaform ist Haas ein Grauen, genauso wie detaillierte Beschreibungen der Gefühle seiner Protagonisten oder fremder Welten. Da greift er im neuen Buch lieber zu grafischen Tricks.
Statt also das beklemmende Gefühl einer Liftfahrt mit anderen Menschen wortreich zu umschreiben, lässt er den Text wie einen Lift im Daumenkino nach unten fahren. Oder die Reise durch China gipfelt in einer seitenlangen Aneinanderreihung chinesischer Schriftzeichen.
Der Reiz des Verwirrspiels
Und es geht auch um die Rolle des Erzählers. Dieser nimmt am Leben nicht immer teil, sondern schaut aus einer Beobachterposition zu: «Mein Held hat immer die Frauen und ich mein Mac-Book.»
Im neuen Buch heisst der Erzähler Wolf Haas, ein besonderer Reiz für den Autor, der das Verwirrspiel liebt. Ganz nach seiner Maxime: alles, nur vorhersehbar und langweilig darf es nicht sein.
Na ja, immerhin hat er ja auch den Status als Kultautor und Millionen verkaufte Bücher. Wer das erreicht hat, kann sich sowieso fast alles erlauben.