Ruth Schweikert gehörte zu den profiliertesten Schweizer Autorinnen. Und sie war der Meinung, dass kulturelle Arbeit gesellschaftliches Mitgestalten bedeute. Weil Kunst in der Öffentlichkeit stattfinde, seien alle Kulturschaffenden politisch tätig, sagte sie einmal.
Mit dieser Haltung war sie viereinhalb Jahre lang Präsidentin von Suisseculture, dem Dachverband der schweizerischen Kulturschaffenden-Organisationen, 2015 kandidierte sie auf einer Liste von Künstlerinnen und Künstlern für den Nationalrat.
Engagierte Literatur geht über Schreiben hinaus
Sie setzte sich zum Beispiel dafür ein, dass auch Förderbeiträge und Preise pensionskassenpflichtig wurden. Über solches Engagement hinaus waren ihr geteilte Wertschätzung und die Unterstützung der Arbeit anderer wichtig. So unterrichtete sie als Dozentin am Literaturinstitut in Biel viele Jahre angehende Autorinnen und Autoren.
«Als Künstler muss man grundsätzlich grosszügig sein», fand sie. «Man muss etwas zu geben haben.» Gleichzeitig war sie der Meinung, dass schreiben einen grossen inneren Raum, einen Freiraum brauche. Um diesen kämpfte sie von Beginn an.
Ein gnadenloses Debüt
Ruth Schweikert wurde unmittelbar nach Ende des Gymnasiums Mutter, hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, besuchte die Schauspielschule, brach sie ab, wurde wieder Mutter und debütierte 1994 mit Erzählungen, die so gnadenlos waren, dass sie weit über den Literaturbetrieb hinaus Furore machten.
«Erdnüsse. Totschlagen» erzählt in sieben Geschichten von haltlosen jungen Müttern. Das Buch verknüpft die Schilderung prekärer Frauenleben mit gesellschaftlichen Tiefenbohrungen. Die Sprache – nüchtern, hart, aber auch warm – zieht einen sofort in ihren Bann.
Recherche statt Autobiografie
Ruth Schweikerts gnadenlos genauer Blick und ihr Drang, ihre Stoffe bis in die feinsten Verästelungen zu erforschen, prägten auch alle ihre weiteren Bücher. Sie könne nur über etwas schreiben, was sie angehe, und gleichzeitig nur über etwas, was sie nicht schon kenne. Ihre Texte seien daher weniger Autobiografie als Recherche.
Zuletzt erschien von Ruth Schweikert der Bericht «Tage wie Hunde» (2019). Darin erzählte sie von ihrer Brustkrebs-Erkrankung und stellte sie auch in einen gesellschaftlichen und kulturellen Rahmen.
Sie überwand den Krebs, aber er kam zurück, diesmal als Hirntumor. Am Sonntag nun ist Schweikert ihrer Krebserkrankung erlegen, wie ihr Ehemann Eric Bergkraut gegenüber der Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte.
So ist eine der eigenwilligsten und pointiertesten Schweizer Autorinnen viel zu früh gestorben.