Als sie vor einigen Jahren nach Bern gezogen ist, hat sich die deutsche Grafikdesignerin und Fotografin Brigitte Schuster gewundert: Wo man hinschaut, überall hat es Bretter, Rampen, Treppen – alles für die Katz.
Diese Mini-Bauwerke sind nämlich Ein- und Ausstiegshilfen für die Vierbeiner des Hauses. Eine Schweizer Besonderheit, so schien es ihr: «In Deutschland oder in den Niederlanden gibt es vereinzelt Katzenleitern an den Häusern. Aber nirgends findet man Katzenleitern in dieser Quantität und Varietät wie hier in der Schweiz.»
Brigitte Schuster war fasziniert und begann damit, die einzelnen Leitern in Bern zu fotografieren: Wendeltreppen, die sich um Regenabflussrohre schmiegen. Leitern, die im Zickzack der Hausfassade entlang bis ins dritte Stockwerk führen. Einfache Rampen, die an einen Briefkasten gelehnt sind, von wo aus der Vierbeiner durch die Katzenklappe im Fenster einsteigen kann.
Sie hat auch einen Lieblingsleitertyp entdeckt: «Ich mag die Katzenleiter, die eine Verlängerung der natürlichen Leiter ist: Eine Leiter, die von einem Baum auf einen Balkon führt.»
Typologie der Katzenleitern
Aus all den diversen Fotografien wurde das Buch «Architektur für die Katz». Brigitte Schuster ist das Thema genau beobachtend angegangen. Sie hat sogar eine Typologie der verschiedenen Leitern entwickelt.
Der verbreitetste Typ ist die Hühnerleiter, bestehend aus einem schmalen Brett, worauf Querhölzer montiert sind, damit die Katze nicht abrutscht. Sie ist denn auch auf sehr vielen Fotografien zu sehen.
In den Bildlegenden weist Schuster auf architektonische Besonderheiten hin, etwa farblich auf Fassade und Fensterläden abgestimmte Leitern. Woher kommt diese Faszination?
Schuster erklärt: «Ich wollte wissen, warum die Menschen solche Leitern bauen – dem Tier zuliebe oder doch aus Eigeninteresse?». Katzenleitern bedeuten Freiheit, sowohl für die Katze als auch für die Halterin. Beide können so ihrer eigenen Wege gehen.
Alles für den Vierbeiner
Die rund 100 Katzenleiterfotos im Buch sagen etwas aus über den Heimwerker-Furor mancher Katzenbesitzer, aber auch, wie liebevoll die Besitzer auf das Bedürfnis der Katze nach Freigang eingehen.
Schuster war verblüfft: «Man würde denken, dass bei Erdgeschosswohnungen die Katze ganz leicht mit einem Sprung in die Wohnung gelangt. Aber nein: Auch dort gibt es Katzenleitern!»
Auf anderen Bildern sind Sicherheitsnetze oder Leitplanken in höheren Lagen zu sehen. Erstaunlich, welche baulichen Massnahmen die Besitzer für die Stubentiger unternehmen.
Rebellieren nach Schweizer Art
Diese Do-it-yourself-Architektur in den Vorgärten und Hinterhöfen ist ein erfrischendes Stück baulicher Wildwuchs in der sonst so korrekten Schweiz, mit all ihren Bauvorschriften und technischen Normen.
Dennoch, die Vermieterin will gefragt werden. Brigitte Schuster hatte da leider Pech. Sie darf keine Katzenleiter anbringen und musste so auf eine Katze verzichten. Dafür hat sie ein wundervolles – auch ein bisschen nischiges –Buch für Katzenliebhaber und Architekturfans gestaltet.