Es war der 20. Januar 2017, als sich Axel Hacke entschied, das Buch zu schreiben. Es war der Tag von Donald Trumps Vereidigung.
Trump war nicht der einzige Anlass für sein Buch, sagt Hacke, aber letztlich der Auslöser. Die Art und Weise, wie dieser sich während des Wahlkamps über einen behinderten Journalisten lustig gemacht habe, zum Beispiel.
Es war einmal in der Kneipe
Dennoch ist dieses Buch keine Abrechnung mit einem alten Haudegen. Es ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem Thema, das alle etwas angeht.
So beginnt Axel Hacke auch ganz bei sich. In der Kneipe. Mit einem Freund beim Bier. Dieser bemerkt, dass das Bier auf dem Tisch unter arbeitnehmerfeindlichen und umweltschädigenden Umständen gebraut worden ist.
Er bestellt sich ein anderes. Eines aus einer anderen Brauerei. Ein anständiger Kerl sei das, sagt Axel Hacke in seinem Buch. Und schon ist er beim Thema.
Anstand ist passé
Das Thema führt ihn vom Wirtshaus auf die Strasse, auf der Autofahrer und Fussgänger aufeinander losgehen. Es führt ihn zur Pegida-Demonstration in Dresden, auf der Galgen für Merkel und Gabriel mitgeführt werden. Es führt ihn in die Welt des Internets, in der ein Shitstorm dem nächsten folgt.
Es führt ihn schliesslich zur Erkenntnis, dass unsere Gesellschaft ein moralisches Problem hat: Die Umgangsformen sind am Verrohen, der Ton wird aggressiver, Empathie und Solidarität verschwinden.
Der Mensch kommt nicht mehr nach
Die Ursachen dafür sieht Hacke in wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen. Globalisierung und Digitalisierung passieren rasanter, als der Mensch sie verdauen kann.
Globalisierung und Digitalisierung seien Dinge, die sich unserer Kontrolle entziehen, sagt Axel Hacke. Die passieren einfach. Was sich aber unserer Kontrolle entzieht, macht Angst. Eine Angst, die niemanden interessiert und womit man nirgendwohin kann.
Das löst Aggressivität aus. Und eine Ohnmacht, die für viele zum Lebensgefühl geworden ist. Doch wer sich zu lange ohnmächtig fühlt, fängt irgendwann an, um sich zu schlagen. Verbal im Internet oder im Alltag. Politisch an der Wahlurne. Der Wutbürger manifestiert sich. Und mit Trump hat er jetzt ein Vorbild.
Trump können wir nicht ändern - uns schon
Da setzt Axel Hacke an. Beim Vorbild. Axel Hacke macht nicht den Fehler, auf «die da oben» zu zeigen, auf die Politiker und Wirtschaftsführer, die sich offenbar jedes Unanständig sein erlauben dürfen.
Er empfiehlt uns, bei uns selber anzusetzen und unser eigenes Verhalten zu überprüfen, unser eigenes Verhalten so zu verändern, dass es einem respektvollen und solidarischen Zusammenleben dienlich ist.
Naiv? Vielleicht. Aber auch sehr pragmatisch. Denn einen Trump können wir nicht ändern. Uns selbst hingegen schon, sagt Axel Hacke.
Nichts ist selbstverständlich
Am Schluss sind wir wieder in der Kneipe, beim Bier mit dem Freund – unterdessen bestellen sie das vierte, ein anderes natürlich. Das Buch endet mit vielen wertvollen Erkenntnissen über unser Zusammenleben, die ein anderer, weniger menschenfreundlicher Autor gar nicht erst wahrgenommen hätte.
Da liegt das Verdienst dieses kleinen Büchleins. Dass es Selbstverständlichkeiten formuliert, die leider keine mehr sind.