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Beat Sterchis «Blösch» erfreut englische Veganer
Aus Kontext vom 15.08.2018. Bild: Keystone
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Neustart für eine Kuh Klassiker «Blösch» wird auf Englisch neu aufgelegt

«Blösch» von Beat Sterchi sei «das Buch zur Stunde», schwärmt der britische Verleger Neil Belton. Er lanciert den Klassiker nochmals im englischsprachigen Raum.

In London entstehen fast an jeder Strassenecke vegane Restaurants. Fleischloses Streetfood boomt, und auch in den Medien mehren sich die Stimmen, die sich jeglicher Verwertung von tierischen Produkten verweigern.

Was würde also besser zu diesem wachsenden Phänomen passen als die Geschichte von «Blösch» – sagt sich Neil Belton, Leiter des renommierten Londoner Verlags «Head of Zeus».

Die Zeit war damals für diese erschütternde Thematik noch nicht reif.
Autor: Neil Belton Verleger

Der gebürtige Ire kann sich gut daran erinnern, als das Buch in den 1980er-Jahren von sich reden machte und damals an der Frankfurter Buchmesse auch die Neugier der internationalen Verlage weckte.

Die Geschichte einer Kuh

«Blösch» (1983) ist die Geschichte eines spanischen Gastarbeiters, der als Melker auf einen Schweizer Bauernhof kommt, und dort Freundschaft schliesst mit den Tieren – insbesondere mit der Leitkuh Blösch.

Jahre später begegnet er ihr an seinem neuen Arbeitsort wieder – im Schlachthaus. Abgemagert bis auf die Knochen hinkt sie aus dem Viehtransporter, «sang-und klanglos wird der ehemalige Stolz des langen Berges, die Stütze der Innerwaldner Zucht, aufs Schaffott geführt.»

Ein Mann zieht eine tote Kuh hinterher.
Legende: Der verachtende Umgang mit den Tieren – aber auch mit den Arbeitern – in den Schlachthäusern ist grosses Thema bei «Blösch». Getty Images

Gnadenloser Realismus

Noch nie zuvor hatte jemand in unserem Land so ausdruckstark und eigenwillig über moderne Landwirtschaft und Seelenlosigkeit von Schlachthöfen geschrieben.

Autor Beat Sterchi richtet nicht, sondern amtet als präziser Beobachter: Mit einer kräftigen Sprache zeichnet er ein gnadenlos-reales Bild vom gewaltsamen Tod unserer Nutztiere.

Kaum Resonanz

Die Zeit sei damals für diese erschütternde Thematik noch nicht reif gewesen, glaubt Verleger Neil Belton. Das sei mit ein Grund gewesen, warum der Roman im englischsprachigen Raum bei Erscheinen 1989 wenig Resonanz bekam.

Man sieht heute die Beziehung zwischen Mensch und Tier in einem anderen Licht.
Autor: Neil Belton Verleger

Heute seien die Menschen für solche Fragen viel stärker sensibilisiert: «Tierquälerei beschäftigt nicht länger nur eine Minderheit. Man ist auch aufmerksamer geworden, was Zuchtmethoden und Fleischproduktion anbelangt. Generell sieht man heute die Beziehung zwischen Mensch und Tier in einem anderen Licht.»

Arbeiter in einem Schlachthof am Fliessband
Legende: Die Entfremdung von der Arbeit durch die Aufspaltung der Arbeitsabläufe: «Blösch» hinterfragt die industrielle Fleischproduktion. Keystone

Ein Verlag im Ausnahmezustand

In den USA kam «Cow» 1991 im «Pantheon»-Verlag auf den Markt – und floppte. Denn genau zu diesem Zeitpunkt wurde der Verleger von «Pantheon» gefeuert. Die Mehrheit der Belegschaft folgte ihm aus Solidarität.

«Das hatte für den Roman fatale Folgen – niemand kümmerte sich intern um den Titel», erinnert sich Belton. Der US-Verlag war fast ein Jahr lang im Ausnahmezustand, und so ging Sterchis «Cow» sang- und klanglos unter.

«Ein grosses Stück Kunst»

Schon damals hatte sich Neil Belton geschworen, diesem Buch eine zweite Chance zu geben, sollte er je dazu die Möglichkeit haben. Jetzt, als Verlagsleiter, machte er sein Versprechen wahr.

‹Cow› wird nie ein Bestseller werden.
Autor: Beat Sterchi Autor des Buches

Der Roman sei nicht einfach ein Buch mit einer kritischen Botschaft, sondern vielmehr «ein grosses Stück Kunst, das überlebt.» Deshalb glaube er an diesen Schweizer Titel: «Er sollte Teil sein des internationalen literarischen Kanons.»

Hervorragende Übersetzung

Für den Relaunch von «Cow» konnte Belton auf die hervorragende Übersetzung von Michael Hofmann zurückgreifen. Dieser hatte sich – wie er selber sagt – am Sterchi-Text beinahe die Zähne ausgebissen.

Denn der Roman ist nicht nur sehr umfangreich, sondern gespickt mit vielen Helvetismen, die einem Nicht-Schweizer wenig vertraut sind.

Ein Mann sitzt auf einer Treppe
Legende: Mit seinem Debüt «Blösch» sorgte Beat Sterchi 1983 für Furore: Noch nie hatte ein Schweizer Autor so schonungslos über die Seelenlosigkeit von Schlachthöfen geschrieben. Keystone

«Keine Vergnügungsliteratur»

Autor Beat Sterchi nimmt die internationale Neulancierung seines Buches wohlwollend zur Kenntnis. Allerdings gibt er zu, dass er sich auch freuen würde, wenn die Literatur-Spezialisten sich für «das, was ich nachher geschrieben habe», interessieren würden.

Illusionen, dass «Blösch» alias «Cow» nun – im zweiten Anlauf – auf dem englischsprachigen Markt durchstartet , macht er sich keine: «Es ist kein Unterhaltungsbuch, keine Vergnügungsliteratur. Es ist eine sehr anstrengende Lektüre, weil sie das Publikum mit existentiellen Dingen konfrontiert. ‹Cow› wird nie ein Bestseller werden.»

Noch kann Verleger Neil Belton den kommerziellen Erfolg des Relaunchs nicht abschätzen. Aber er ist überzeugt, dass dieses einzigartige Buch seinen Weg zum Publikum findet.

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