Mit seinem dritten Roman «Nachtzug nach Lissabon» von 2004 gelang dem Philosophieprofessor Peter Bieri – unter seinem Pseudonym Pascal Mercier – ein Welterfolg. Das Buch wurde in über 30 Sprachen übersetzt und 2013 mit Jeremy Irons in der Hauptrolle verfilmt.
Die Geschichte vom braven Berner Gymnasiallehrer Raimund Gregorius, der Knall auf Fall alles Vertraute hinter sich lässt und in den Nachtzug nach Lissabon steigt, um einem geheimnisvollen portugiesischen Dichter nachzuforschen, lässt die Lesenden mit grundlegenden Fragen zurück: Wer bin ich eigentlich, abseits der Wege, die ich eingeschlagen habe?
Auseinandersetzung mit der Sprache
Auf seiner spontanen Forschungsreise in Portugal, die rasch zur Sinnsuche wird, lernt Gregorius in kürzester Zeit Portugiesisch und befasst sich mit der gewaltvollen Geschichte des Landes in der Ära der Salazar-Diktatur.
Die intensive Auseinandersetzung mit der Sprache eint die Protagonisten von Bieris Romanen – beginnend mit seinem Debut «Perlmanns Schweigen» über einen Sprachwissenschaftler, der sich, von den Erwartungen seiner Fachkollegen überfordert, immer mehr zurückzieht und beinahe zum Mörder wird. Dabei widerspiegeln die Figuren auch ein Stück weit ihren Schöpfer.
Der Vorwurf des «Sprachsnobs» sei für ihn ein Kompliment, sagte Bieri 2014 gegenüber SRF: «Ein Sprachsnob ist jemand, der die Wörter auf die Goldwaage legt. Der nicht bereit ist, in sprachlichen Dingen, wenn’s drauf ankommt, zu pfuschen. Jemand, der im Grunde genommen die Wörter für wichtiger als die Sache hält.»
Philosoph und Literat
Bieris Beschäftigung mit Sprache und Philosophie ging weit über seine literarische Tätigkeit hinaus. Ab 1981 lehrte er an verschiedenen Universitäten als Professor für Sprachphilosophie.
Zur Literatur fand Bieri erst mit 50 Jahren. Im literarischen Schreiben habe er seine wahre Bestimmung gefunden, sagte er mehrfach gegenüber SRF einmal: «Das Schreiben eines Buches ist das Intimste, Lebendigste und Intensivste, was ich kenne.»
Aus Angst vor vernichtender Kritik veröffentlichte er sein Romandebut «Perlmanns Schweigen» 1995 unter einem Pseudonym – Pascal Mercier war geboren. Der französisch klingende Name verleihe ihm eine Eleganz, die Peter Bieri fehle, sagte er über sein Pseudonym.
Wissenschaft und Kunst ergänzen sich
Drei Jahre hielt das Pseudonym, bis zur Veröffentlichung seines zweiten Romans «Der Klavierstimmer» 1998. Nach dem Welterfolg «Nachtzug nach Lissabon» veröffentlichte Mercier zwei weitere Romane. Zuletzt 2020 «Das Gewicht der Worte» über einen Übersetzer, der sich endlich traut, selber literarisch zu schreiben.
Neben seinen Romanen veröffentlichte Mercier auch erfolgreiche und aussergewöhnlich zugängliche philosophische Bücher. In seinen – sehr anspruchsvollen – Romanen kombinierte er gekonnt die Substanz der wissenschaftlichen Analyse und den Zauber der Poesie.
Peter Bieri starb am 27. Juni, wie der Hanser Verlag mitteilte. Er wurde 79 Jahre alt.