Christian Kracht ist nicht zu fassen. Das ist seine Absicht und zwar im doppelten Sinn: Wer bin ich? Wo bin ich? Das ist die Frage und das ist sein Spiel. Was will Christian Kracht? Das fragte man schon bei seinem Debüt «Faserland» 1995 und das fragt man noch bei seinem letzten Roman «Imperium». Themen und Stil wechseln mit jedem neuen Buch, aber etwas bleibt doch immer gleich: Es ist die Haltung, die Haltung des Spielers. Kracht hat Erfolg damit. Erfolg durch hohe Auflagen und Übersetzungen in diverse Sprachen. Seine Methode ist das Spiel.
Krachts Haltung ist die Zweideutigkeit. Er ist nie dort, wo man ihn vermutet und am Ende in all seinen Büchern unauffindbar. Das irritiert viele, denn seine Romane machen zuverlässig Skandal. Sie handeln von Deutschland in den 1990er-Jahren, vom Iran der Islamischen Revolution und einer Schweiz Sowjetrepublik oder von der Sekte auf einer Südsee-Insel. Das klingt exzentrisch, aber die Vorwürfe, die seine Bücher und Texte provozieren, reichen vom «schreibenden Dandy» bis zum Faschismus.
Immer uneindeutig
A.a.O. – Am anderen Ort, das ist die Methode Kracht. Sein Blick nach aussen ist ästhetisch. Und nur das. Alles wird Bild, auch die Politik, die autoritären Regimes, die er gerne beschreibt, gerinnen zu Tafelbildern. Ob in Nordkorea oder im Iran. Kracht betreibt das Katz-und-Maus-Spiel mit dem Leser. Alles nur doppelter Boden, zumindest kein fester Grund. Bloss keine Eindeutigkeiten. Aber das virtuos. Oder ist alles Ironie, auch das wurde schon gesagt und wieder bestritten.
Kracht ist reich, er verschweigt es nicht. Reich geboren wohlgemerkt, denn das macht den Unterschied. Christian Kracht Senior war Generalbevollmächtigter beim Springer-Verlag und der Sohn verbringt die offenbar prägenden Jahre in Internaten in Salem und anderswo.
Rückkehr zu deutschen Szenen
«Faserland»: Im ersten Roman ist alles da. Die Sprache auch, die von einer seltsamen, gebrochenen Schönheit ist. Und die Trauer. Denn diese sentimentale Reise durch Deutschland, von der Insel Sylt bis zum Bodensee und weiter bis nach Zürich, ist traurig. Traurig bei allem Degout und Hass, bei aller Verweigerung. Krachts Leitmotiv ist ein Deutschland ohne die Vergangenheit der Nazis, ohne Krieg und Zerstörung. Das ist surreal, natürlich.
«Finsterworld»: Christian Kracht ist jetzt wieder auf einer Reise durch Deutschland. Eine Reise im Film. In Episoden. Das Skript haben Kracht und seine Ehefrau, die Regisseurin Frauke Finsterwalder, gemeinsam verfasst. Wieder sind es deutsche Szenen. Der Fusspfleger auf der Landstrasse, das Werber-Ehepaar unterwegs nach Paris, die TV-Macherin im Plattenbau, der Lehrer und die Studienfahrt ins KZ. «Faserland» und «Finsterworld»: Deutschland, wiedergesehen: Es ist eine Rückkehr.