Pünktlich zum Anpfiff der Fussball-EM erscheint ein satirischer Kriminalroman von Gerhard Henschel. In «SoKo Fussballfieber» rechnet der Frankfurter Schriftsteller mit der korrupten Fussballwelt ab. Ein Gespräch über die Verbindung von Fakten und Fiktion, schlaue Schurken – und mögliche Konsequenzen.
SRF: Gerhard Henschel, mögen Sie eigentlich Fussball?
Eckhard Henscheid: Es begann während der Weltmeisterschaft 1974. Alles Grossartige davor habe ich leider versäumt. Es nahm dann mit der Begeisterung aber auch rasch wieder ein Ende – mit der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien. Und seither bin ich dem Fussballsport nur noch sporadisch verbunden geblieben.
Hatte das mit der Diktatur in Argentinien zu tun, dass Sie nach der WM 1978 keine grosse Lust auf Fussball mehr hatten?
Es gab sehr viele unerfreuliche Begleitumstände bei dieser WM. Und inzwischen weiss ja auch jeder, dass alles restlos und vollkommen korrupt ist in diesem Sport.
Wie kommen Sie zu dieser Aussage?
Man muss sich ja nur ein bisschen mit der Materie beschäftigen und zum Beispiel die sehr gute Gerd Müller-Biografie von Hans Woller lesen, die den Untertitel trägt: «Wie das grosse Geld in den Fussball kam».
Da kann man dann nachlesen, wie der christlich-soziale bayerische Finanzminister den Spielern des FC Bayern München in den 1970er-Jahren erklärt hat, wie sie am besten Steuern hinterziehen können. Damals begann es, und nun ist das Schlamassel perfekt.
Sie erwähnen dieses Buch auch im Roman. Ihre Kritik ist also nicht nur ein Gefühl?
Ja. Es ist wie gesagt recht leicht, sich in die Materie einzulesen. Die Beweise liegen alle vor.
Das Auffälligste an Ihrem Roman ist der Umstand, dass Sie reale und erfundene Figuren kombinieren. Eine erfundene Ermittlerin trifft auf den echten Fifa-Chef. Warum tun Sie das?
Es liegt nahe, dass man bei dem Thema nicht nur Romanfiguren erfindet, sondern auch auf das tatsächlich existierende Personal zurückgreift. Ich habe das auch in früheren Romanen getan.
Der Fifa-Präsident mag ein Schurke sein, aber er ist nicht dumm.
Franz Beckenbauer und Uli Hoeness treten bei Ihnen als eine Art Dick und Doof auf und kommen erstaunlich gut weg.
Ja. Es sind zwei gewissermassen erwachsene Lausebengel, die sich ein bisschen teppisch benehmen.
Teppisch?
Nicht besonders trittfest.
Fifa-Präsident Gianni Infantino lassen Sie sagen, dass er die Fehlerdiskussion und Konsenskultur bei der Fifa abschaffen will, und unterstellen ihm Nähe zum chinesischen Regime oder zu Robert Mugabe. Das ist heikel.
Ja. Er könnte natürlich klagen. Aber das wäre mir nur willkommen. Dieser Prozess wäre interessant. Aber das wird er wohlweislich nicht tun. Er mag ein Schurke sein, aber er ist nicht dumm.
Legen Sie es darauf an, verklagt zu werden?
Nein, aber man kann es ja mal riskieren. Mir ist es im Leben auch erst ein einziges Mal passiert, dass jemand geklagt hat. Da wollte der Chefredaktor der Bild-Zeitung ein hohes Schmerzensgeld für eine Satire von mir haben, aber damit ist er auch auf die Nase gefallen.
Es wäre doch ganz schön, wenn es in Zukunft nur noch Amateurfussball gäbe.
Dabei verklagte er Sie wegen Persönlichkeitsverletzung. Sie argumentierten, dass er als Bild-Chef ja selbst von der Persönlichkeitsrechtverletzung lebe.
Ja. Erfolgreich war er insofern, als dass meine Satire tatsächlich verboten wurde, weil sie sein Persönlichkeitsrecht verletze. Aber das Berliner Landgericht entschied eben auch, dass für ihn strengere Massstäbe gelten als für den Normalbürger, da er sich selbst auf das Gebiet der Persönlichkeitsrechtverletzung begeben hat. So hat er keinen Cent von mir gekriegt.
Zurück zum Roman. Der läuft letztlich auf die Abschaffung der Fifa und aller nationalen Verbände heraus. Wollen Sie das wirklich?
Es wäre doch ganz schön, wenn es in Zukunft nur noch Amateurfussball gäbe.