Die ausserordentliche Lage trifft die Buchbranche mit voller Wucht. Veranstaltungen und Lesereisen sind abgesagt, Literaturfestivals wie die Solothurner Literaturtage finden im Netz statt.
Der Umsatz des Buchhandels in der Deutschschweiz ist im Schnitt um 30 Prozent gesunken. Davon betroffen sind auch die Verlage.
Die Frühjahrsbücher sind gedruckt und ausgeliefert – und werden zu weiten Teilen nicht in dem Masse verkauft werden, wie die Verlage das kalkuliert hatten. Da nicht verkaufte Bücher zurückgegeben werden können, geht das vor allem auf Kosten der Verlage.
Einmalige Krise
«Die Umsatzrückgänge sind fatal», sagt der Verleger Daniel Kampa. Er schaue sich die täglichen Verkaufszahlen schon gar nicht mehr an, weil sich da eh nichts bewege. «Eine Krise wie diese gab es noch nie», sagt Kampa.
Alle Buchhandlungen hätten nach Bekanntgabe des Lockdown erst einmal ihre Bestellungen «on hold» gesetzt. Ein absoluter Stillstand, dessen Folgen noch gar nicht klar abzuschätzen sind.
Die Krise trifft eine Branche, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten bereits einiges auszuhalten hatte: die Einführung des Euro in Deutschland und Österreich, der Wegfall der Buchpreisbindung in der Schweiz, die Finanzkrise.
Kreative Lösungen
«Ich erinnere mich noch gut», sagt Daniel Kampa, «dass der Buchhandel während der Finanzkrise eigentlich relativ stabil war. Im Weihnachtsgeschäft gab es sogar ein kleines Plus – wenn die Leute aufs Portemonnaie schauen, dann ist das Buch ein wahnsinnig tolles Geschenk, das nicht so viel kostet. Es ist viel günstiger als beispielsweise ein Flakon Parfüm, hat aber die gleiche Wertigkeit.»
In dieser Krise sei alles anders, weil die Buchhandlungen schliessen mussten. Zum Glück habe der lokale Buchhandel so schnell und kreativ reagiert.
Zahlreiche Buchhandlungen haben ihren Online-Versand ausgebaut. Sogar mit dem Velo haben die Buchhändlerinnen ihre Kundschaft beliefert – und das viel reibungsloser und schneller als der grosse Riese Amazon, der sich just zum Beginn der ausserordentlichen Lage aus dem Buchgeschäft zurückgezogen hatte.
Die letzten Wochen hätten gezeigt, so Daniel Kampa, dass es eine grosse Liebe der Leserschaft gebe für Literatur und für gute Buchhandlungen. Das Verhältnis zwischen Stammkundschaft und Buchhandlung sei nun umso enger und verbindlicher.
Verantwortung der Verlage
Genauso wichtig sei aber auch das Verhältnis des Verlags zu seinen Autorinnen und Autoren, die es in der aktuellen Situation besonders schwer hätten. Im Wesentlichen verdienen sie ihr Geld mit Lesungen und Veranstaltungen, die nun alle ausgefallen sind.
«Da haben wir als Verlag natürlich eine besondere Verantwortung wahrzunehmen – wenn wir das können», so Daniel Kampa.
Der Optimismus bleibt
Es lässt sich nicht beschönigen: Die Lage war noch nie so ernst. Aber er sei ein Optimist, sagt Daniel Kampa, wie alle in der Buchbranche. Anders könne man diese brotlose Kunst gar nicht angehen.
«Wir kleinen Verlage tanzen und arbeiten ja immer am Rande des Abgrunds. Wir sind es gewohnt, Risiken einzugehen und auf Wunder zu hoffen.» Der Nobelpreis an die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk, deren Werke seit Kurzem im Kampa Verlag erscheinen, gibt ihm recht.
Was hat er aus dieser Krise gelernt? Das Verhältnis zu den Autorinnen und Autorinnen sei wichtig, aber auch das zu den Buchhänderinnen und Buchhändlern: «Das Persönliche ist das, was zählt.»