Giorgio Orelli, 1921 in Airolo geboren, war bereits als junger Dichter im italienischen Sprachraum bekannt geworden. Er schrieb Gedichte und Erzählungen und machte sich als Übersetzer insbesondere von Goethe-Werken einen Namen. Zwar sind auf Orellis Schreibmaschine nur wenige Gedichtsammlungen entstanden. Aber diese haben genügt, ihn zu einer der wichtigsten Stimmen aus dem Tessin zu machen.
Dichter, Literaturkritiker, Lehrer
Später setzte er seine Auseinandersetzung mit Sprache auch als Literaturkritiker fort. «Literaturkritik ist ein nie endendes Abenteuer», sagte Orelli an seinem 90. Geburtstag gegenüber Radio SRF 2 Kultur. «Die Neugier, die kommt nie zur Ruhe. Wer in Bewegung ist, kann staunen. Wer in sich ruht, der bleibt am Wegrand liegen wie ein Stein.»
Orelli arbeitete ausserdem als Lehrer, unter anderem am Gymnasium von Bellinzona. 1988 erhielt er nach vielen Ehrungen in der Schweiz und in Italien auch die damals höchste Schweizer Literaturauszeichnung, den Grossen Schillerpreis. Orellis jüngstes Buch «Ein Tag unseres Lebens» ist im Frühling 2013 beim Limmat-Verlag erschienen.
Noch mit 90 Jahren Schriftsteller
Der Tessiner Staatsrat und Kulturdirektor Manuele Bertoli würdigte Orelli am Sonntag als einen «der grossen Namen der italienischsprachigen Literatur». Mit seiner Poesie habe Orelli der Kulturwelt die tiefsitzenden Gefühle seiner Heimat vermittelt, sagte Bertoli (SP) auf Anfrage der SDA. Orellis Werk «zeigte die Verbundenheit mit unseren Traditionen und bewies unsere Fähigkeit, uns zu öffnen».
Noch im Alter von 90 Jahren war Orelli schriftstellerisch tätig. Er arbeitete damals an dem autobiografischen Text «Suite in la con gli anni» - und benutzte dabei eine seiner vier alten Schreibmaschinen. Computer und Internet seien ihm fremd geblieben, sagte er 2011 in einem Interview des Informationsportals
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Auf Ranglisten und Auszeichnungen gab der Tessiner Autor nicht sonderlich viel. «Ruhm und Ehre gehen vorbei wie Wolken am Himmel», sagte er, wobei er sich über die Beachtung, die seine Werke erfuhren, durchaus freute. Am Wichtigsten sei ihm die Fähigkeit, die eigenen, inneren Gedanken nach aussen zu tragen, erklärte er.