Wir schreiben das Jahr 2025. Spark lebt ein sorgenfreies Leben – als einer der wenigen auserwählten Menschen, die Zutritt haben zu einem künstlichen Staat namens Eden. Ein Paradies auf Erden, in dem mithilfe modernster Technik das Leben reibungslos funktioniert: eine vollständige High-Tech-Versorgung, von medizinischer Überwachung bis hin zur Luxus-Motoryacht im Mittelmeer mit allem Drum und Dran.
Nur die Besten leben in einer guten Welt
Gesteuert wird diese Welt über einen Super-Algorithmus namens Now, den einst Sparks Vater entwickelt hat. Nur die Besten der Besten, also 1 Prozent der Welt-Bevölkerung, haben Zutritt zu dieser Welt, die denen eine Zukunft gewährleisten soll, die diese auch tragen können.
Die übrigen 99 Prozent der Menschheit versinkt im Chaos, ohne Strom und jegliche Zivilisation, und führt ein Leben wie im Mittelalter, in einer apokalyptischen Szenerie. Eine Welt, die kollabiert, während einige wenige sich von all dem in der absoluten Kontrolle und Überwachung erfolgreich abschotten.
99 Prozent sind ausgeschlossen
Das ist die Ausgangslage im Thriller «Now. Du bestimmst, wer überlebt» von Stephan R. Meier. Eines Tages verliebt sich Protagonist Spark in die junge Sunway, die er wegen ihrer DNA aus den 99 Prozent der «ausgeschlossenen» Bevölkerung rekrutiert. Sie werden ein Paar, Sunway wird schwanger, allerdings hat der Algorithmus diese Schwangerschaft so nicht vorgesehen.
Als Spark merkt, dass sich das System in sein Leben einschaltet, lehnt er sich auf – und findet sich plötzlich als dessen Feind wieder. Der nackte Kampf ums Überleben beginnt.
Mehr als ein spannender Schmöker
«Now» ist nicht einfach nur ein page-turner, ein Thriller, eine Mischung aus bekannten US-amerikanischen Serien wie «Westworld», «Broken Mirror» oder «Walking Dead». Das Buch thematisiert darüber hinaus die grossen Begriffe unserer Zeit: digitale Revolution, künstliche Intelligenz, Big Data, die Macht des Algorithmus, technische Machbarkeit oder das Internet der Dinge.
Es zeigt, welche Risiken und Nebenwirkungen der Wechsel der menschlichen Herrschaft zur – vom Menschen geschaffenen – technischen Herrschaft mit sich bringen könnte. Die Angst, dass uns statt eines digitalen Paradieses die digitale Hölle erwartet, ist nicht ganz unbegründet.
Eine Welt frei von menschlichen Eigenschaften
Der Autor hat über viele Jahre intensiv recherchiert und legt seinem sehr schematischem Plot eine ausgewiesene Kennerschaft zugrunde. Auch die ethische Dimension schwingt mit: Nach dem Motto «Das Gegenteil von gut ist gut gemeint» konzipiert Meier eine Welt, die scheinbar frei ist von menschlichen Eigenschaften wie Eifersucht und Neid, Bösartigkeit, Geiz oder Gier.
Dass die positiven Emotionen des Menschen wie Empathie, Liebe, Intuition oder Kreativität letztendlich wieder Hoffnung für Spark und Sunway bringen, soll an dieser Stelle zumindest nicht verschwiegen werden.
Die besprochenen Bücher
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, BuchZeichen, 9.04.2017, 14:06 Uhr