1. «Ausgestopft – Die Kunst der Taxidermie»
Tja. Warum? Viele tote Tiere, zum Teil in aberwitzigen Posen abgelichtet, kostümiert, Möbelstücke, die aus Geweihen, Fellen, mit Federn bestückt sind, Missgeburten, alarmierend und faszinierend. Dieses Buch ist ein Kuriositätenkabinett. Es ist reichlich bebildert und textlich gibt es Informationen über die Tradition und die Kunst der Taxidermie, des «Fell-über-die-Ohren-Ziehens». In sieben Kapiteln bestaunt man anthropomorphe, zoomorphe Gestaltungen, lernt, wie intensiv Designer heute die Silhouette des toten Tieres nutzen, um lebendiges Interesse an Objekten zu wecken. Schmuckstücke auf putzig arrangierten Eichhörnchen, die zu Lebzeiten keine Sekunde still gehalten hätten, tragen in Auslagen grosser Schaufenster Diademe und Ohrringe und ja, das sieht nach Dekadenz aus. Und so ist man ein Voyeur in diesem Band und ich blättere darin und bestaune die Vollkommenheit der Kreaturen gross und klein. Dieses Buch macht einen verliebt, immer neu-verliebt in die Schöpfung und lässt einen den Menschen kopfschüttelnd ansehen, immer wieder erneut voller Skepsis. (Alexis Turner: «Ausgestopft – Die Kunst der Taxidermie». Brändstatter, 2013)
2. «Green Porno. Ein komisches Buch und 18 Kurzfilme»
Wunderbare Isabella! Klärt uns auf. Uns alle. Mit Hilfe der Fruit de Mer. Kurzfilme zum Thema Umwelt, als Thema ausgerufen vom Schauspieler und Sundance Festivalleiter Robert Redford, gaben der kreativen Rossellini die Gelegenheit, ein langgehegtes Fest der Ideen zu feiern über «kurze Geschichten, Tiere und Sex». Was im letzten Jahr auch eine ausverkaufte Theatershow war, ist hier im Buch gut verpackte und äusserst vergnügliche Sexualkunde. Durch Filmstills bebildert, sehe ich im Band zum ersten Mal den Penis eines Rankenfüsslers und es erklärt sich mir die Fortpflanzung der Shrimps, der Wale und Abalonen. In sehr schön ausgestatteten, weil völlig auf die Sache konzentrierten Sets zeigt die wunderbare Isabella ihren Sinn für Humor und ihre Freude am Erzählen. If I were ...: So beginnen die Kapitel und Visionen. Schön, dass hier eine darüber nachdenkt, wie man sich als Seestern verlieben und verleiben würde. (Isabella Rossellini: «Green Porno. Ein komisches Buch und 18 komische Kurzfilme». Schirmer/Mosel, 2009)
3. «Denn wir haben Deutsch»
Verstehen. Jeder sollte das Wort Gottes verstehen und dadurch zum Heil gelangen. Links und rechts, oben unten, Luther ist überall dieser Tage. Für 365 weitere. Nächstes Jahr sind es 500 Jahre des Thesenanschlags, der Spaltung, der Reformation, des Aufräumens und Aufklärens, Erwachens und den Zankens. Der Kriege. Der Ökumene-Bestrebungen und ach ja, des Tohuwabohus. Dieser Band stellte eine «Gigantenriege» vor die Aufgabe, sich mit Luthers Rede zum Dolmetschen auseinander zu setzen und zu reagieren. Es reagierten: Marcel Beyer, Martina Kempter, Sibylle Lewitscharoff, Monika Rinck, Ulf Stolterfoth, Jan Wagner, Peter Waterhouse und andere.
Ich muss das noch lesen, bevor ich meine Auftragsarbeit für die Ausstellung «Der Sparche aufs Maul geschaut» in der Kassler Grimm Welt ausführen kann. (Marie Luise Knott, Thomas Brovot, Ulrich Blumenbach (Hrsg.): «Denn wir haben Deutsch – Luthers Sprache aus dem Geist der Übersetzung». Matthes & Seitz, 2015)
4. «Fettnäpfchenführer Japan - Die Axt im Chrysanthemenwald»
Von September bis Mitte Dezember 2016 darf ich mich in Japan umtreiben. Ich habe das Stipendium der Villa Kawogama des Goethe Instituts erhalten und werde in Kyoto an meinen neuen Gedichten für den dritten Band der Gedichte-Trilogie «Monster», «Morbus», nämlich an «Mode» arbeiten. Mit Reimar Limmer, der den Band gestaltet, bin ich dann per Email in Kontakt und sende die Texte an ihn, damit er ans illustrieren denken kann. Den Rest der Zeit wird Philipp Scholz, der Schlagzeuger, mit dem ich seit vielen Monden Musik und Text verbinde, mit mir durch Japan reisen und auftreten. Da wird es sicher Not tun, Insiderwissen für die fremde Welt parat zu haben. Ein Herr Hoffmann tritt in diesem Buch stellvertretend für Scholz und mich in alle Fettnäpfchen, so dass wir’s im Herbst nicht müssen. (Kerstin und Andreas Fels: «Fettnäpfchenführer Japan - Die Axt im Chrysanthemenwald». Conbook, 2008)
5. «ich groß – du klein»
Das ist so ein Buch, das sofort schmunzeln macht. Es liegt vor einem und verspricht, eine Süssigkeit zu sein. Dabei ist es bitterernst.
Vater und Kind tun alles gemeinsam. Der Papa tut grosse Dinge, das Kind die kleinen, die auch durch den Diminuitiv angezeigt werden. Albern und ernst, mutig und nicht so mutig, liebevoll und voller Liebe sind die beiden für einander, miteinander. Ich weiss nicht, ob Kinder dieses Buch verstehen. Ich liebe es. Man hat es schnell gelesen, aber sein Echo währt lange Zeit. Ich stark – du schwach, ich müde – du wach, ich Traum – du Träumchen ...
Mit solchen Zeilen vor den Augen der Grossen wie der Kleinen soll man und mögen diese doch einschlafen ... (Lilli L'Arronge: «ich groß – du klein», Jacoby und Stuart, 2014)
Inhalt
Literatur Tierische Lust und ausgestopfte Tiere: Nora Gomringers Buch-Tipps
Sie ist eine Wortgewalt in Person: Die Lyrikerin und Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer ist im «Literaturclub» zu Gast. Uns hat sie verraten, welche Bücher sich ungelesen bei ihr zuhause stapeln – und warum sie diese auf jeden Fall noch lesen will.