Eigentlich hat Frank Bascombe in seinem Leben doch schon genug durchgestanden: als junger Familienvater den Tod seines achtjährigen Sohnes und danach das Zerbrechen seiner Ehe.
Später ging auch seine zweite Beziehung in die Brüche und er wurde mit Krebs diagnostiziert. Sein Geschäft als Immobilienmakler verkaufte er an seinen Teilhaber.
Im Angesicht des Todes
In «Valentinstag» ist Bascombe nun 74 Jahre alt. Da wirft ihn eine Nachricht in hohem Bogen aus seinem «lauwarmen» Leben heraus: Sein zweiter Sohn Paul ist an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) erkrankt und hat nur noch eine kurze, womöglich qualvolle Lebenszeit vor sich. Für Frank ist klar, dass er ihn durch diese Zeit begleiten wird.
In Interviews hat Richard Ford erklärt, warum in diesem wohl letzten Band seiner Bascombe-Reihe nicht Frank selbst stirbt, sondern stattdessen sein erst 47-jähriger Sohn. Es sei eine schriftstellerische Entscheidung gewesen, antwortete Ford dem «Guardian». «Ich wollte aus Frank so viel wie möglich herauspressen.»
«Jeder ist ein Scheissüberlebender»
Und tatsächlich ist eine gewaltigere Zumutung kaum denkbar als die, das eigene Kind durch dessen Sterben zu begleiten. Frank selbst ist gesund genug, um dies zu leisten. In gewohnt kunstvoller Sprache, in der Ironie und Witz zum Träger komplexer Gedanken und auch tieftrauriger Momente werden, lässt Ford nun seinen Helden Bascombe diesen Gang durch Pauls letzte Wochen erzählen.
Denn auch Paul ist, seinem Vater nicht unähnlich, ein Mann der grimmigen Kommentare. «Jeder ist ein Scheissüberlebender», schimpft er, als sein Vater und er an einem bereits gebuchten Kinobesuch gehindert werden. Vor dem Kino wird gegen den Valentinstag protestiert: Er entwürdige die Frauen, heisst es da. Einer bezeichnet sich als «Valentinstag-Überlebender».
Meisterhafter Witz
Aber hilft dieser teils bitterböse Scharfsinn gegen die harten Schläge des Schicksals?
Diese Frage zieht sich durch den gesamten Zyklus von Richard Fords Frank-Bascombe-Büchern. Aber Bascombe ist nun mal kein Kämpfer gegen die Wirren des Schicksals, sondern eher dessen tiefsinnig-lakonischer Kommentator.
Und so ist auch dieser traurigste aller Wege für die Leserinnen und Leser immer wieder voller Witz, ja, Komik. Wenn Paul in teils skurrilen Aufzügen vor der Ärztin in der Mayo-Klinik erscheint, um ihr Eindruck zu machen. Oder wenn Paul hellauf begeistert ist vom Ziel jener grossen Abschiedstour, die sein Vater im Wohnmobil mit ihm unternimmt.
Die Schönheit der Sinnlosigkeit
Da stehen sie auf der Aussichtsplattform des Mount Rushmore, eines der populärsten nationalen Denkmäler Amerikas, und bewundern die in den Felsen gehauenen Präsidenten-Köpfe. «Komplett sinnlos und lächerlich», findet Paul – «einfach super.»
Frank aktiviert alles an Ideen und Kräften, was ihm zur Verfügung steht. Aber auch da gibt es Grenzen. Als er sich in eine asiatische Masseurin verliebt, versteht man, dass auch dies Ausdruck von Verzweiflung sein kann.
Denn schliesslich ist «Valentinstag» kein Buch übers Verlieben, sondern über Liebe: eine Liebe, in der Frank Bascombe, der so oft versagt zu haben glaubte, beeindruckend besteht.