SRF: Viele liessen sich durch die Euphorie aus dem Silicon Valley anstecken, durch Erfindungen, die unser Leben vereinfacht und uns neue Möglichkeiten eröffnet haben. Nun geraten die grossen IT-Firmen in den USA in die Kritik. Gegen wen richtet sie sich?
Peter Buchmann: Es sind vor allem drei Giganten, die immer wieder genannt werden: Google, Amazon und natürlich Facebook. Firmen, bei denen Informationen im Zentrum stehen und gigantische Datensammlungen mit künstlicher Intelligenz ausgewertet werden. Nicht so sehr im Fokus stehen Microsoft und Apple, obwohl Apple ja die wertvollste Firma der Welt ist.
Was wird den Firmen vorgeworfen?
Man kann die Kritik grob in zwei Kategorien unterteilen. Einerseits ist da der wirtschaftliche Aspekt. Hier lautet der Vorwurf marktbeherrschende Stellung. Andererseits wird kritisiert, in welchem Ausmass die Giganten das Leben von Milliarden Menschen beeinflussen.
Sprechen wir zuerst über die wirtschaftlichen Aspekte.
Facebook ist mit zwei Milliarden Nutzern mit Abstand das grösste Netzwerk, Google die meist genutzte Suchmaschine. Zusammen kontrollieren die beiden Firmen 75 Prozent des Online-Werbemarktes. Auch Amazon nimmt eine Schlüsselstellung ein. Die Plattform kontrolliert in den USA mehr als 40 Prozent des Online-Handels und wächst rasant.
Für viele Menschen ist Facebook die wichtigste Informationsquelle.
Die drei Riesen sind praktisch unangreifbar geworden. Sie können Startups einfach aufkaufen, wenn diese zu Konkurrenten werden. Facebook hat vor drei Jahren Konkurrent WhatsApp für 19 Milliarden Dollar gekauft.
Wehrt sich ein Startup dagegen, werden dessen Ideen einfach kopiert. Facebook macht das gerade mit der Chat-Applikation Snapchat, die ein Kaufangebot abgelehnt hat.
Wie kam es zu diesem Monopol?
Das liegt in der Natur der Sache: Soziale Netzwerke bringen jedem Nutzer mehr, wenn möglichst viele Menschen mitmachen und es nur ein Netzwerk gibt. Auch für eine Suchmaschine ist die Grösse ein Vorteil. Die Suchmaschine lernt bei jeder Abfrage die Bedürfnisse des Nutzers kennen. Je mehr Abfragen eine Suchmaschine verarbeitet, desto präziser ist das Resultat.
Pointiert kann man sagen: Das Monopol ist Voraussetzung für Qualität. Es gibt aber noch einen anderen Grund. Die grossen Firmen verfügen dank des Monopols über gigantische finanzielle Mittel. Das erlaubt ihnen gezieltes Lobbying, mit dem sie ihr Monopol verteidigen können.
Es gibt aber noch weitere Vorwürfe gegenüber den drei Giganten Facebook, Google und Amazon.
Bei deren Angebot geht es nicht um irgendeinen Gegenstand. Es geht um Informationen, die unser Leben prägen. In den USA spielt Facebook bei der Verbreitung von News eine immer wichtigere Rolle.
Google und Co. unternehmen nicht genug, um den Missbrauch mit Fake-News zu verhindern.
Für viele Menschen ist Facebook die wichtigste Informationsquelle. Auch Google nimmt bei der Verbreitung von Information eine Schlüsselrolle ein, bei YouTube etwa. Kritiker weisen darauf hin, dass diese Unternehmen ihr Geld zwar mit Inhalten machen, selber aber keine Inhalte produzieren.
Für Musikerinnen und Autoren etwa wird es immer schwieriger, ein Einkommen zu finden. Eine weitere Kritik: Google und Facebook unternehmen nicht genug, um den Missbrauch mit Fake-News oder IS-Propaganda zu verhindern. Hier hat der Druck so stark zugenommen, dass die Firmen nun die Inhalte besser kontrollieren müssen.
Diese Firmen brauchen Daten von uns, und wir geben immer mehr preis von uns. Wird das ebenfalls kritisiert?
Kritisiert wird, wie unsere Daten ausgewertet werden, dass die Auswertung intransparent ist und dass wir nicht verstehen, wie Facebook den Newsfeed zusammenstellt oder Amazon Buchempfehlungen abgibt. Ausserdem wird kritisiert, dass diese Logik in erster Linie den Unternehmen dient und nicht den Nutzerinnen.
Wird diese Welle der Kritik Folgen haben?
In bestimmten Punkten, ja. Mark Zuckerberg hat angekündigt, in die Kontrolle der Inhalte zu investieren.
Das Gespräch führte Beatrice Born.
Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 17.11.2017, 17.08 Uhr