Bananenrock, Charleston und viel nackte Schwarze Haut – rassistisch-stereotype Klischees prägen bis heute das Bild der Entertainerin und Bühnenikone Josephine Baker. Tatsächlich stand sie über 50 Jahre auf der Bühne – aber nur rund fünf davon im Bananenrock.
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Bild 1 von 5. Die Künstlerin posiert während ihres Auftritts in «The Conga» auf der Bühne des Winter Garden Theaters in New York, 1936. Bildquelle: KEYSTONE/AP Photo.
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Bild 2 von 5. Josephine Baker wurde als Revuestar zum Sinnbild der wilden 20er-Jahre. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 3 von 5. Die Amerikanerin und später französische Staatsbürgerin bei ihrem Auftritt am UNICEF Gala-Abend in Lausanne 1970. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 4 von 5. Josephine Baker war 1954 Gastgeberin für 40 Kinder – darunter Waisenkinder und örtliche schwarze Kinder. Bildquelle: AP Photo/Heinrich Sanden Jr., File.
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Bild 5 von 5. Emmanuel Macron ehrt Josephine Baker 2021 im Panthéon. Als erste Schwarze Frau wird ihr diese Ehre zuteil. Bildquelle: KEYSTONE/Sarah Meyssonnier/Pool Photo via AP.
Doch sie war nicht nur eine aussergewöhnliche Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin. Sie setzte ihre Stimme auch gegen Rassismus und Antisemitismus ein – sowie für Demokratie, Religionsfreiheit und den Schutz von Minderheiten.
Josephine Baker wird 1906 in einem Armenviertel von Saint Louis geboren, im Süden der USA. Als uneheliches Mädchen einer Waschfrau schien die Welt nicht auf sie gewartet zu haben. Josephine Baker erinnert sich rückblickend: «Meine glücklichste Kindheitserinnerung? Da fällt mir nichts ein, aber ich kann erzählen, was meine fürchterlichste war.»
Damit meint sie eines der schlimmsten Pogrome gegen die Schwarze Minderheit in der Geschichte der USA: 1917 brennen ganze Stadtteile von Saint Louis. Weisse fallen über Schwarze her. Das sensibilisiert Josephine Baker für die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, die sie Zeit ihres Lebens nicht hinnehmen kann – und für ihre eigentliche Aufgabe: den Kampf für die Freiheit als universelles Menschenrecht.
Vom mittellosen Mädchen zum Pariser Revuestar
Ein grosser Name wird Josephine Baker zunächst nicht in ihrer Heimat, sondern in Paris als Revuestar am Théâtre des Champs-Élysées. Dass sie auf der Bühne inakzeptable sexistische und rassistische Fantasien bedient, nimmt sie mit Humor: «Ich bin nicht nackt, ich habe nur keine Kleider an.»
Anders als in ihrer Heimat, wird Baker in Paris von einem weissen Publikum umjubelt und von weissen Kellnern in Restaurants bedient. Sie blüht an der Seine auf und tauscht das Bananenröckchen gegen Haute Couture.
Josephine Bakers Manager Pepito Abatino erkennt, dass die Afrikaklischees auf Dauer Josephine Bakers Karriere limitieren. Er schickt sie auf Welttournee. Ausserdem arbeiten sie an ausgeklügelten Marketingstrategien.
Die beiden verdienen sich unter anderem eine goldene Nase mit Sonnenöl, das schnelle Bräune für weisse Frauen verspricht – ein Stück Josephine für zu Hause. Baker singt Chansons und dreht Filme. Doch dann kommt der Einbruch, der Zweite Weltkrieg.
Bakers Einsatz für das Freie Frankreich
Josephine Baker versteckt in ihrem Schloss in der Dordogne nicht allein die jüdische Familie ihres Exmannes. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet sie für die Exilregierung Charles de Gaulles: In ihren Partituren schmuggelt sie Geheimbotschaften. Als Truppenunterhalterin in Nordafrika sorgt sie dafür, dass die Rassentrennung bei ihren Shows aufgehoben wird. Für ihre Verdienste wird sie 2021 unter Emmanuel Macron ins Panthéon aufgenommen.
Privat lebt Josephine Baker ihre Werte mit ihrer Regenbogenfamilie, ihren zwölf Adoptivkindern aus allen Teilen der Welt. Sie möchte beweisen, dass ein friedliches Miteinander aller Menschen möglich ist und Familienmodelle divers sein können. Damit ist sie bis heute Vorbild unter Celebrities wie Madonna und Angelina Jolie.
Auch mit zunehmendem Alter bleibt Baker politisch. 1963 unterstützt sie Martin Luther King beim March on Washington. Als Josephine Baker am 12. April 1975 stirbt, verliert die Welt nicht nur eine Jahrhundertkünstlerin, sondern eine Botschafterin für die Würde aller Menschen.