Stotternd, krächzend, stöhnend und schreiend ging Janis Joplin in ihrer Musik auf. Mit ihrer leidenschaftlichen Stimme und ihren ekstatischen Bühnenauftritten revolutionierte sie die Musikszene der 1960er-Jahre, sagt die Musikhistorikerin Holly George-Warren.
Sie hat sich intensiv mit der Sängerin auseinandergesetzt: «Die Art und Weise, wie Joplin ein Lied zum Leben erweckt, wie ihre Gefühle in ihrem Gesang zum Tragen kommen und die unglaubliche Verbindung, die sie mit ihrem Publikum aufbauen konnte – das gab es vorher nicht im Rock’n’Roll.»
Ihr harter Weg zum ersten weiblichen Rockstar
Doch bis dahin ist es ein steiniger Weg. Janis Joplin wächst in den 1940er-Jahren im spiessigen Port Arthur in Texas auf. Sie fühlt sich dort von Anfang an fehl am Platz, ist unbeliebt bei ihren Schulkameraden, kämpft mit ihrer pummeligen Figur, ihrer Akne und ihrem ungezähmten Haar.
Doch die Musik gibt ihr Halt. Zuerst singt Joplin im Kirchenchor, dann entdeckt sie den Blues. Mit 18 Jahren beschliesst sie, Sängerin zu werden – allen Widrigkeiten zum Trotz.
Janis Joplin wider dem Patriarchat
«Vieles, was Janis Joplin tat, war damals ungewöhnlich für eine Frau. Sie war ihrer Zeit voraus», betont George-Warren. Während in den 1960ern Frauen ihre Aufnahmen nicht selbst produzieren und Männer die Bühnen dominieren, trifft Jans Joplin im Studio alle Entscheidungen selbst.
Auf der Bühne zeigt sie vollen Körpereinsatz. «Janis schwitzte. Ihr Haar war ein wildes Durcheinander und wenn sie doch einmal Make-up trug, war es total verschmiert», sagt Holly George Warren. «Sie kreierte ihren eigenen Look und versuchte nicht, dem Schönheitsideal der damaligen Zeit zu entsprechen.»
Mehr Erfolg – mehr Einsamkeit
1966 schliesst sich Janis Joplin in der Hippie-Metropole San Francisco der Bluesrockband «Big Brother & The Holding Company» an. Nur ein Jahr später feiert sie am International Monterey Pop Festival ihren Durchbruch, 1969 wird sie durch ihren Auftritt am Woodstock Festival international bekannt.
Janis Joplin scheint endlich die Anerkennung zu erhalten, nach der sie sich immer gesehnt hat: «Sie brachte das Publikum dazu, die Bühne zu stürmen und mit ihr zu tanzen, während sie sang. Sie liebte das», sagt Holly George-Warren.
Trotz ihres Erfolgs bleibt Janis Joplin einsam. «Auf der Bühne mache ich mit 25'000 Leuten Liebe und dann gehe ich allein nach Hause», sagt die Sängerin einmal. Sie ist zwar eine fröhliche und lustige junge Frau, gleichzeitig kämpft sie mit Selbstzweifeln. Sie trinkt viel, konsumiert Drogen.
Ihre Musik bleibt für immer
Am 4. Oktober 1970 stirbt Janis Joplin mit nur 27 Jahren an einer Überdosis Heroin. Ein schrecklicher Unfall, sagt Holly George-Warren: «Manche Menschen haben nichts zu verlieren, ausser ihrer Freiheit. Das gilt auch für Janis. Sie hat leider einen Fehler gemacht. Sie hatte keine Angst, gefährliche Drogen auszuprobieren und das brachte sie um.»
Übrig bleibt ihre unglaubliche Musik. Noch am Tag vor ihrem Tod ist Janis Joplin im Studio und singt unter anderem «Mercedes Benz» ein. Im Nachhinein scheint es, als würde sie der Welt mit diesem Song auf gewisse Weise Lebewohl sagen wollen. Denn «Mercedes Benz» endet mit einem gesprochenen «That’s it» und einem fröhlichen, rotzigen Kichern der Sängerin.