Wer bei seinen Lieblingsliedern von ABBA gern mitsingt, wird in Thun vielleicht ein Problem bekommen. Für die Adaption von «Mamma Mia» wurden alle Texte – Dialoge und Lieder – aus dem Englischen ins Schweizerdeutsche übertragen. «The Name of The Game» heisst zum Beispiel neu «Was isch das für nes Spiu?»
Wenn man in die übersetzten Lieder hört, merkt man schnell, dass da etwas nicht ganz stimmt. Etwas ist anders an diesen Songs, die so viele – freiwillig oder unfreiwillig – auswendig kennen. Neu ist nämlich plötzlich der Text verständlich. Vielleicht etwas zu verständlich sogar. Zuweilen so simpel, dass man fast ein wenig erschrickt.
Texte ohne Zwischentöne
Für Roman Riklin, der die Lieder übersetzt hat, wurde das tatsächlich manchmal zum Problem: «Diese Texte sind nicht wirklich eloquent oder von einer grossartigen poetischen Intelligenz», sagt er. Die Texte seien «sehr geradeheraus» verfasst, ohne viel Beigemüse zwischen den Zeilen.
Geht es jemandem schlecht, dann steht das genau so da, in der einfachsten Form. «Wenn man so etwas dann auf Schweizerdeutsch übersetzen soll, ist die Gefahr gross, dass das sehr plump wirkt. Damit habe ich gehadert.»
Die Vorgaben aus London
Die Urheberrechte des Stücks liegen nach wie vor in London. Und von da aus gab es klare Vorgaben, was wie übersetzt werden durfte. Er habe versucht, die Texte so respektvoll wie möglich ins Schweizerdeutsche zu übertragen, sagt Roman Riklin. Das heisst, er hat sich Mühe gegeben, sie weder besser noch schlechter zu machen, als sie auf Englisch waren.
Besonders achtgegeben hat Riklin auf die Form: «Die Qualität dieser Texte liegt nicht in ihrem Inhalt. Sie liegt im Sound und im Rhythmus der Sprache. Darum habe ich versucht, an den gleichen Stellen zu reimen, gleich viele Silben zu verwenden, damit es in der Musik wieder so soundet und flutscht wie im Original.»
Schlager bleiben Schlager
Roman Riklin sagt, man müsse diese Lieder für das nehmen, was sie sind: nämlich Schlager. Daran ist nichts auszusetzen. Dass solche Texte keine grossen poetischen Abgründe offenbaren, liegt auf der Hand. Und dass Melodie und Rhythmus für diese Hits viel wichtiger sind als der Text, merkt man spätestens beim Versuch, das englische Original mitzusingen. Groove? Check. Melodie? Check. Text? Naja.
Ob es nun die Übersetzung dieser Texte ins Schweizerdeutsche wirklich gebraucht hat, darüber lässt sich streiten. Doch die Frage nach der Notwendigkeit hat für Übersetzer Roman Riklin ohnehin nur eine sekundäre Bedeutung.
Irritation und Distanz
Er findet: «Die Songs kommen einem auf Schweizerdeutsch noch viel näher. Die Übersetzung führt zu einer Art Verfremdungseffekt: Weil man beim Zuhören zuerst irritiert ist, bekommt man eine Distanz dazu. Und dann hat man die Chance, diesen Liedern auf eine neue Art zu begegnen.»
Ob diese neue Begegnung dann eine erfreuliche ist, wird jede und jeder im Publikum für sich selbst entscheiden müssen.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 11.07.2018, 7.20 Uhr