Früher wurden für Popstars Roben angefertigt, Bühnenbilder designt, das Licht orchestriert – heute werden Stadien für sie massgeschneidert. So etwa bei Adele. Die britische Sängerin kommt im August für zehn Konzerte nach München. Dafür wird ein gigantisches Pop-up-Stadion aufgebaut, doppelt so gross wie ein Fussballstadion: Es bietet Platz für 80’000 Personen.
Man mag beim «Rolling in the Deep»-Mitsingen nicht daran denken, aber Popkonzerte brillieren nicht gerade mit einem sparsamen CO2-Ausstoss. Anreise, Stromverbrauch, Verpflegung, Merchandise und der ganze Müll – all das verursacht CO2-Emissionen. Und das nicht wenig.
Nachhaltige Konzerte?
Ein CO2-Report zur Schweizer Festivalszene zeigt: Im Jahr 2022 wurden CO2-Emissionen von rund 128'000 Tonnen verursacht. Der grösste Teil stammt von der Mobilität der Zuschauer und Künstlerinnen (67 Prozent) und der Verpflegung (10 Prozent).
Ansätze, die Konzertindustrie nachhaltiger zu gestalten, gibt es bereits. Die NGO Cradle to Cradle (C2C) etwa hat das «Labor Tempelhof» ins Leben gerufen, eine Initiative am gleichnamigen Berliner Flughafen. Ihr Ziel: Konzerte so kreislauffähig und klimapositiv wie möglich umzusetzen.
Adele bleibt zwar mit der Crew am gleichen Ort, aber es werden offensichtlich Menschen aus ganz Europa anreisen, ein Teil davon mit dem Flugzeug. «Veranstaltende können hier nur insofern Einfluss nehmen, als dass eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr oder sogar für den Fernverkehr in das Konzertticket inkludiert würde», schreibt C2C NGO auf Anfrage.
Unter diesem Gesichtspunkt könne es also weniger umweltschädlich sein, Konzerte an unterschiedlichen Orten zu spielen und dadurch die Anreisewege des Publikums zu verkürzen.
Massgeschneiderte Pop-up-Architektur
Das Prinzip Pop-up ist simpel: Etwas wird aufgebaut, erfüllt seinen Zweck und wird wieder abgebaut. Klingt cool, unkompliziert, flexibel. Aber ist es auch nachhaltig? «Grundsätzlich ist es sinnvoll, Bestand zu nutzen und bei Bedarf kreislauffähige Materialien zu nutzen», erklärt C2C NGO.
Pop-up-Architektur könne aber ökologisch Sinn machen, sagt Catherine De Wolf, Assistenzprofessorin für zirkuläres Bauen an der ETH Zürich, «wenn der Bau wirklich nur temporär gebraucht wird.» Über die Nachhaltigkeit dieses Baus entscheiden aber viele Faktoren. Etwa die Baumaterialien und vor allem, was mit den Bauteilen später passiert.
«Alles, was zerlegt und wiederverwendet werden kann, produziert keinen Abfall», erklärt die Assistenzprofessorin. De Wolf und C2C NGO sind sich einig: Wenn eine neue Spielstätte errichtet wird, dann sollte sie darauf ausgelegt sein, auch nach den geplanten Veranstaltungen weiter nutzbar zu sein.
Ökologische Entscheidungen treffen
Aus den vier angesagten Konzerten sind mittlerweile zehn geworden. «Aufgrund der einzigartigen Nachfrage», schreibt der Veranstalter Live Nation. Wie stemmt man diese Nachfrage auch in Sachen Nachhaltigkeit? «Die Veranstalterinnen und Veranstalter sollten das Publikum dabei unterstützen, ökologisch sinnvolle Entscheidungen treffen zu können», erklärt C2C NGO.
Auf Adeles Instagram-Kanal, auf dem sie die Konzerte ankündigt und München «a bit random» (ein bisschen willkürlich) nennt, lässt sich in der Kommentaren der Ansturm auf ihre Konzerte erahnen: «Well, a trip to Germany it is.»