«Ich bin kein besonders guter Musiker. Darum wollte ich eine künstliche Intelligenz nutzen und mit ihr Songs schreiben, die auch nach etwas tönen», lacht Matthias Frey.
Der Plan ist aufgegangen: Seine künstliche Intelligenz The RAiMONES schreibt auf Knopfdruck Musik, die den Punkrock-Legenden «The Ramones» zum Verwechseln ähnlich klingt.
«Der Vorteil der Ramones ist, dass ihre Stücke relativ einfach sind», sagt Frey. «Häufig haben sie nur zwei, drei Akkorde.»
Dafür gibt es fast 200 Ramones-Songs: Genug Datenmaterial, um einen Algorithmus zu trainieren, sich die Regeln des typischen Ramones-Sounds selbst beizubringen und auch Texte zu generieren, die an Lyrics der Ramones erinnern.
«Viel Kreativität wurde vom Computer generiert», beschreibt Frey das Projekt. Aber: «Um Struktur in die Vorschläge zu bringen, zum Beispiel Refrains zu platzieren – dazu brauchte es den Menschen.»
Der Zentaur: Halb Mensch, halb Maschine
Mattias Frey hat an der ETH Zürich in Elektrotechnik promoviert und danach längere Zeit in Japan gelebt. Der Zufall wollte es, dass er dort einen Musiker kennenlernte, der einst mit dem Schlagzeuger der Ramones in einer Band spielte. «Er hat die Vorschläge der künstlichen Intelligenz genommen und brauchte nur zwei Stunden, um damit einen neuen Song zu schreiben.»
Das «Ai» im Namen der RAiMONES steht darum weniger für «Artificial Intelligence» – künstliche Intelligenz – denn für «Augmented Intelligence» – unterstützende Intelligenz.
So eine Zusammenarbeit von Mensch und Maschine, die sich beide gegenseitig unterstützen, ist beim Einsatz von künstlicher Intelligenz oft anzutreffen. Man kennt solche Systeme auch unter dem Begriff «Zentauren», so wie die Figur aus der griechischen Mythologie, die halb Mensch und halb Pferd ist.
Kopie oder bloss Inspiration?
«Für mich war das Projekt interessant, weil es zeigt, was Kreativität bedeutet und was nur eine Kopie des Ausgangsmaterials ist, mit dem die künstliche Intelligenz gefüttert wurde», sagt Matthias Frey.
Wo das eine in das andere übergehe, sei kaum auszumachen. «Damit kommen auch Diskussionen rund um das Copyright ins Spiel.»
Tatsächlich sind viele Fragen rund um das Urheberrecht noch offen, wenn mit künstlicher Intelligenz neue Musik geschaffen wird. Müssen Copyright-Abgaben gezahlt werden, wenn ein System ausschliesslich mit Songs eines bestimmten Künstlers oder einer bestimmten Künstlerin trainiert wurde und daraufhin Musik schreibt, die dem Original zu verwechseln ähnlich klingt?
Oder ist das bloss eine Art von Inspiration – so wie sich in der Musikgeschichte schon viele Bands von einem grossen Vorbild inspirieren liessen?
Wird es den Menschen einmal gar nicht mehr brauchen?
Solche Fragen könnten in Zukunft an Dringlichkeit gewinnen. Denn Matthias Frey glaubt, dass die Zusammenarbeit von Mensch und Computer beim Schreiben neuer Musik noch häufiger wird.
«Aber eben nicht um den Menschen überflüssig zu machen, sondern zu seiner Unterstützung – dass etwa langweilige, repetitive Arbeiten an die Maschine delegiert werden.»
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Und wie sieht seine langfristige Prognose aus? Könnte künstliche Intelligenz den Menschen bei kreativen Arbeiten vielleicht doch einmal ganz ersetzen? «In den nächsten fünf Jahren sicher nicht», meint Frey, «doch was in zehn Jahren oder noch später sein wird, ist offen.»
Wo es nichts ausmache, wenn Musik repetitiv klinge – beim Hintergrund-Soundtrack von Games zum Beispiel – könne der Computer heute schon viel alleine übernehmen.