1. Kinderchor will nicht für Italien sterben
Es gibt wenige so absurde Momente in der Welt der Nationalhymnen, wie wenn ein Kinderchor aus vollem Herzen italienischen Nationalhymne singt: «Wir sind bereit zum Tod» heisst es darin nämlich.
An der Eröffnung der Expo 2015 in Mailand sangen ein Männer- und ein Mädchenchor den «Canto degli Italiani» gemeinsam. Die Männer sangen die Originalversion mit «Siam pronti alla morte». Die Kinder hingegen wiederholten: «Siam pronti alla vita» – «Wir sind bereit fürs Leben» (ab Minunte 3). Ein Aufschrei ging durch das Land.
2. Der Balkan-Schweizerpsalm für Migranten
Während Jahren kämpfte der Verein Second@s Plus für die Rechte von Migranten in der Schweiz. Im Vorfeld der Nationalratswahlen 2011 machte er mit einer Balkan-Version des Schweizerpsalms auf seine Anliegen aufmerksam. Šuma Čovjek und Ivica Petrušić interpretierten den «Swiss International Psalm».
«Vielleicht können wir damit erreichen, dass im Nationalrat jemand den Anstoss dazu gibt, dass die Schweiz eine neue Nationalhymne erhält», sagte Petrušić ggenüber dem Tages-Anzeiger. Die Aktion brachte nicht den gewünschten Erfolg. Der Verein hat sich vor einem Jahr aufgelöst. Nun setzt sich die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) für einen neuen Hymnentext ein.
3. US-Latino-Hymne für Gleichberechtigung
2006 wurde im US-Kongress über eine Reform des Einwanderungsrechts debattiert. Mitdiskutiert hat auch die Musik: Pittbull, Wyclef Jean, Olga Tañón und Carlos Ponce nahmen eine spanische Version der US-amerikanischen Nationalhymne «The Star Spangled Banner» auf. Das Ziel: mehr Gleichberechtigung für Einwanderer.
«Nuestro Himno» erreichte auch den damaligen Präsidenten George W. Bush. Seine Reaktion: «Die Nationalhymne sollte auf Englisch gesungen werden.» Wer eingebürgert werden wolle, sollte die Hymne auf Englisch lernen. Vielleicht hat er vergessen, dass die Melodie von «Star Spangled Banner» einst ein britisches Trinklied war.
4. Achtung Internet: Die Borat-Hymne am Schiesswettbewerb
Sacha Baron Cohens Satire kennt kaum Grenzen. In seinem Film «Borat» komponiert er eine Nationalhymne für Kasachstan. Der Anfang klingt noch harmlos: «Kasachstan ist das beste Land der Welt, alle anderen werden von Mädchen regiert.»
Dann aber: «Kasachstans Prostituierte sind die saubersten in der ganzen Region, ausser natürlich die von Turkmenistan.» Der britische Komiker setzt noch einen oben drauf: «Komm, packe den Penis unserers Führers.»
Im Film ist die Hymne gut aufgehoben. In der Realität ganz und gar nicht. Das musste die Gewinnerin eines Schiesswettbewerbs in Kuwait erleben, als anstatt der kasachischen Hymne diese Version erklang. Kurz darauf entschuldigten sich die Verantwortlichen: Es sei ein Fehler beim Download aus dem Internet passiert.
6. Al-Sisis Katzenmusik: Kult-Kapelle spielte kreuzfalsch
Fremde Nationalhymnen werden nicht sehr oft gespielt: höchstens bei Fussballspielen, Nationalfeiertagen oder bei Staatsempfängen. Vielleicht war die Militärkapelle von Abdel Fattah al-Sisi 2015 auch einfach mit Wichtigerem beschäftigt, als die russische Nationalhymne für den Empfang von Putin zu üben – so kreuzfalsch wie die geklungen hat.
Auch Angela Merkel und François Hollande kamen in den «Genuss» der Kapelle. Das Blasorchester ist jedenfalls seither sehr beliebt auf Youtube.
Der bekannte ägyptische Blogger Big Pharao erklärte es einer deutschen Tageszeitung gegenüber so: «Wahrscheinlich ist es sein (al-Sisis) Weg, allen zu zeigen, dass er den Ton angibt, und alle anderen am besten nichts dazu sagen.»
6. Musik wie das Rattern der Waffen: Jimis Statement
Sie ist der Klassiker unter den Hymnenbearbeitungen: Jimi Hendrix’ Version der US-amerikanischen Nationalhymne. Mit seiner Gitarre zerfetzt er «The Star Spangled Banner» 1969 in Woodstock.
Bei ihm klingt sie nach Maschinengewehren, Fliegerangriffen und explodierenden Bomben. Das war sein musikalisches Statement gegen den Vietnamkrieg. Für US-amerikanische Patrioten ein Skandal.
7. Ein Hauch Jamaika: Serge Gainsbourgs Reggae-Hymne
Jimi Hendrix ist nicht der einzige, der seine politische Meinung mit der Nationalhymne kundgetan hat. Serge Gainsbourg hat’s auch getan: 1979 mit einer Reggae-Version der Marseillaise.
Gainsbourg erhielt Morddrohungen von Kriegsveteranen, und die französische Tageszeitung «Le Figaro» forderte seine Ausbürgerung. Nicht nur wegen des jamaikanischen Touchs, sondern auch, weil er den Text geändert hat: aus «Aux armes les citoyens» machte er «Aux armes et cetera».