1946: W. A. Mozart: «Bastien und Bastienne» und Choreographie zu «Eine kleine Nachtmusik» (Ausstattung: Maria Wanda Milliore)
Mit dem Schäfer-Singspiel beginnt die über 70-jährige und erfolgreiche Geschichte des Musiktheaters auf dem See vor Bregenz, des «Spiels auf dem See».
Das Bühnenbild zeigt 1946 zu Mozarts Einakter klassisch eine hübsche, leicht stilisierte Landidylle samt kleiner Brücke und Laube. Das Publikum sitzt damals noch auf Bierbänken am Ufer oder muss sich mit Stehplätzen begnügen.
Die Neue Zürcher Zeitung berichtet zwar über die Eröffnung der ersten, nur eine Woche dauernden Bregenzer Festspiele. Das wohl als Kuriosum eingeschätzte «Spiel auf dem See» erwähnte sie jedoch nicht.
1950: C. Millöcker: «Gasparone» (Bühne: Max Röthlisberger)
In der frühen Zeit des «Spiels auf dem See» wurde im Gegensatz zu heute jedes Jahr eine Neuinszenierung produziert. Die Operette «Gasparone» steht exemplarisch für diese Zeit, denn damals wurden vor allem leichtgewichtigere Werke – Operetten oder Singspiele – aufgeführt.
Durchweg wurden sie in ganz klassischen Bühnenbildern gezeigt. Ganze Dörfer oder Naturszenen wurden detailgetreu auf die Seebühne gebaut. Auch der Bodensee selbst wurde immer mehr miteinbezogen.
Ab 1950 verfügte Bregenz mit seiner erweiterten, über 6000 Zuschauende fassenden Tribüne über die grösste Seebühne der Welt.
1952: C. Zeller: «Der Vogelhändler» (Bühne: Ferry Windberger)
Erstmals entfernt sich dieses Bühnenbild sachte von der ganz naturalistischen Tradition auf der Seebühne: Das Publikum sieht auf der Bühne nicht den Handlungsort dieser Operette (die Pfalz), sondern unter anderem einen übergrossen Brunnen, ein grosses fürstliches Wappen und einen riesigen, liegenden Krug.
Sie werden in die Handlung integriert und von den Akteuren bespielt, während das Orchester in einer aufklappbaren Muschel auf der Bühne spielt.
1964: F. Lehár: «Das Land des Lächelns» und P. Tschaikowsky «Dornröschen» (Bühne: Walter von Hoesslin)
In den 1960er-Jahren wird alternierend zu den Operetten jeweils auch ein Ballett gezeigt. Das Bühnenbild muss also zu beiden Geschichten passen.
Eine elegante Lösung für dieses Problem findet Walter von Hoesslin: Die pompösen chinesischen Dekorationen für die Operette sind getrennt von der Hauptbühne im Hintergrund. Somit bleibt diese relativ neutral und kann problemlos mit auch mit einem Ballett bespielt werden. Das Orchester musiziert jetzt unter der Bühne.
1973: R. Wagner: «Der fliegende Holländer» (Bühne: Toni Businger)
Ab dem Sommer 1973 hält die grosse Oper Einzug auf der Seebühne – und zwar gleich richtig. Mit der ersten Wagner-Produktion erlebt das «Spiel auf dem See» eine entscheidende Wende. Bis heute werden dort jetzt mehrheitlich Opern gespielt und nur noch vereinzelt Operetten oder Musicals.
Wagners «Holländer» ist natürlich prädestiniert für eine Seebühne: Das Schiff des ruhelosen und gespenstischen Kapitäns wirkt nirgends so echt wie auf richtigem Wasser.
1985: W. A. Mozart: «Die Zauberflöte» (Bühne: Michel Lebois)
Mit dem aufwändigen Bühnenbild der ersten «Zauberflöte» auf dem See wechseln die Bregenzer Festspiele in den Zweijahres-Turnus. Die Bühnenkonstruktion muss ab jetzt stabiler gebaut werden, da sie auch im Winter stehenbleibt.
Die Regie-Ästhetik ist nach wie vor naturalistisch. Sie soll die Handlung verdeutlichen, sie betont visualisieren und somit etwaige Hemmschwellen gegenüber der Oper abbauen. Ziel ist ein für «jeden zugängliches Volkstheater mit künstlerischem Anspruch».
2005: G. Verdi: «Il Trovatore» (Bühne: Paul Steinberg)
Bald nach der «zugänglichen» Zauberflöte setzen sich in Bregenz modernere Regiekonzepte durch. Die Festspiele erreichen neue Besucherrekorde.
Gefragt sind nicht mehr bloss hübsche, naturalistische Bebilderungen, sondern vielmehr suggestive Symbole, die zur Handlung passen und bisweilen sogar neue Deutungsansätze.
Die diesbezüglich radikalste Bühne entwirft Paul Steinberg zu Verdis «Troubadour». Er lässt das Drama statt in mittelalterlichen Gemäuern in einer heutigen Ölraffinerie spielen – eine Metapher für Reichtum und Macht.
Erstmals spielt 2005 das Orchester nicht mehr unter der Bühne, sondern über Lautsprecher zugeschaltet aus dem angebauten Festspielhaus.
2008: G. Puccini: «Tosca» (Bühne: Johannes Leiacker)
Reduzierter als alle Inszenierungen überhaupt auf der Seebühne. Alles dreht sich um ein grosses Auge, welches die Bühne dominiert. Das Auge Toscas? Das «Auge» von Scarpias Überwachungsregime?
Neben den vielen Zuschauern zieht das «Spiel auf dem See» nun auch die Filmindustrie an: James Bond und die von ihm gejagten Bösewichte statten den Bregenzer Festspielen einen Besuch ab. Und 007 klettert sogar höchstpersönlich am Riesen-Auge herum.