Chet Fakers «Gold»: Ein Gesamtkunstwerk
MTV ist tot, es lebe YouTube! 2014 ist für mich das Jahr des Musikvideos. Gesamtkunstwerke wie Chet Fakers «Gold» sind das beste Beispiel für die Konjunktur: Der Song des bärtigen Australiers mit der gefühlvollen Soulstimme hat genauso viel Schwung wie die luftige Rollschuhchoreographie auf der nächtlichen Landstrasse (alles in einem Shot gedreht!). Aber Achtung: nach 20 Mal Rewind wird einem schwindelig. (Theresa Beyer)
C-Dur heisskalt
Ein Samstagmorgen im August. Sommerwärme. Drinnnen im Luzerner KKL: kühle Konzertsaal-Atmosphäre. Und eisig kalt die Winter-Variationen in Heinz Holligers Scardanelli-Zyklus am Lucerne Festival. Musik, die auf verschlungenen Pfaden dem verschlungenen Denken des Dichters Hölderlin nachgeht. Und da, einem Erkenntnisblitz gleich, schlägt der Klang plötzlich in reines C-Dur um. Das Ensemble spielt und singt in klaren Obertönen. Musik war das, wie weisses Licht: kalt und heiss zugleich. (Benjamin Herzog)
Brian Blade Fellowship Band am Jazz Festival Willisau
Er ist ein Star, der Schlagzeuger Brian Blade, und es gab einige Vorschuss-Lorbeeren vor diesem Konzert. Misstrauisch stimmte mich ausserdem das klar christliche Verständnis, das der Pfarrers-Sohn Blade von «Fellowship» hat. Und dann das: Schon nach wenigen Takten war ich wehrlos, wurde von der Musik angezogen wie die Motte vom Mond. Sich dieser Musikalität und diesem Band-Klang zu entziehen, war einfach schlicht unmöglich. Und für eineinhalb Stunden war ich ein besserer Mensch. Hallelujah! (Jodok Hess)
King Pepe & Le Rex: «Chönnti bitte mitcho, we du mi verlahsch?»
Dass die Vinyl-Platte ein Revival feiert, ist mittlerweile ja schon ein alter Hut. Erlebt jetzt das Kassettli ein Revival? Das habe ich mich gefragt, als der Berner Liedermacher King Pepe im November sein neues Album getauft hat. Denn auf dem Promotion-Tisch lag nämlich neben CD und Vinyl-Platte auch Kassettli. Item – King Pepe bleibt sich jedenfalls auf seinem neuen Album «70%» Wasser treu: Singen kann er immer noch nicht besonders gut und seine Texte hauen mich noch immer vom Hocker: «Doof isch ändlos, Schönheit ender nid» oder «Someone falls in love and someone from a tree» singt er mit wackeliger Stimme. Mein Satz des Jahres aber ist dieser: «Chönnti bitte mitcho, we du mi verlahsch». Selten habe ich einen traurigeren Satz gehört. (Mariel Kreis)
Bärenstarke Pianistin
Was für eine Frau, diese Mei Yi Foo! Mei wie wer, fragen Sie jetzt, und ich antworte, selber schuld, kennen lernen, denn diese junge malaysische Pianistin ist zum Hinknien gut. Mit 15 Jahren wandert sie mutterseelenallein zum Studieren nach London aus, 20 Jahre später begeistert sie die volle Lukaskirche mit ihrem Debütkonzert am Lucerne Festival diesen Sommer. Zart gebaut ist sie, kleine Hände hat sie, egal. Mei Yi Foo lässt die Muskeln spielen und legt ein Programm mit schwierigster moderner Musik hin, das glitzert, das dampft, das sprüht und unterhält so gut, dass ich glatt das Mittagessen vergesse und wieder an die Zukunft der klassischen Musik zu glauben anfange.
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Welches Musikereignis war für Sie 2014 der Höhepunkt? Schreiben Sie im Kommentarfeld, an welches Ereignis Sie sich noch lange erinnern werden.