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Hobbykomponist an der Basel Composition Competition
Aus Musikmagazin vom 04.02.2023. Bild: SRF / Sébastien Thibault
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John Weeks Tagsüber ein Beamter, nachts ein Komponist

Die Geschichte eines Briten, der nie eine Komponistenkarriere angestrebt hat – und jetzt in Basel für einen Preis nominiert ist: Mit seiner zeitgenössischen Orchestermusik ist er an der Basel Composition Competition präsent.

Ein Leben lang arbeitete John Weeks aus dem britischen Romford als Kommunalbeamter. Nach Feierabend setzte er sich zu Hause an seinen Schreibtisch und setzte schwarze Punkte auf Notenpapier. Das tut er auch heute noch: Er komponiert zeitgenössische Musik – für sich allein, alles von Hand.

Schreiben für die Schublade?

Nur eine Handvoll Werke hat er je fertiggestellt, die meisten Stücke blieben Fragmente. Von den Vollendeten wurde eine noch kleinere Auswahl je gespielt. Aufführungen haben sich in John Weeks Leben einfach nicht ergeben – und er verspürte auch nicht den Drang danach. Er war stets zufrieden, das Komponieren zu Hause für sich auszuüben.

Schwerz-weiss Portrait von John Weeks
Legende: Vom Hobbykomponisten zum ernstzunehmenden Vertreter zeitgenössischer Musik: John Weeks Komposition «Jenseits» ist an der Basel Composition Competition nominiert worden. John Weeks

Strawinsky hat sein Leben verändert

Seine musikalische Laufbahn begann in den 1960er-Jahren als E-Gitarrist in einer Rockband. Klassische Musik interessierte den Jugendlichen noch nicht. Sein Musiklehrer jedoch erkannte sein musikalisches Gespür und machte ihn vertraut mit den grossen Komponistinnen und Komponisten der Musikgeschichte. Ein Werk faszinierte ihn besonders: «Le Sacre du Printemps» von Igor Strawinsky. Es hat sein Leben verändert.

Er kaufte sich die Partitur und die Einspielung von Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern und studierte die Punkte auf den Linien. So lernte John Weeks Noten lesen. Später studierte er von 1968 bis 1971 am Royal College of Music Komposition.

Mit Bauchgefühl zum Musikstück

Nebst dem erlangten Wissen durch das Studium ist sein Bauchgefühl sein stärkstes Werkzeug. «Wie die Instrumente funktionieren und was gut auf ihnen klingt, wusste ich irgendwie schon immer», sagt John Weeks. «Ich muss einfach verstehen, wie der Klang erzeugt wird.»

John Weeks handschriftliche Partituren
Legende: Der Autodidakt John Weeks spielte nicht viele Werke für die Öffentlichkeit. Doch wenn er mal ein Stück publizierte, stiess es sowohl beim Publikum als auch bei Fachleuten auf viel Gegenliebe. John Weeks

Erfolgreich, auch in der Schweiz

Heute ist der 73-Jährige mehrfacher Preisträger. Die wenigen Stücke, die er an Wettbewerbe einreichte, schafften es so gut wie immer auf einen Podestplatz. Unter anderem gewann er bereits zweimal den belgischen Concours Reine Elisabeth: 1982 mit «Five Litanies for Orchestra» und 1995 mit «Requiescat». Auch dieses Jahr ist er mit seinem neusten Werk für einen Preis nominiert – und zwar an der Basel Composition Competition.

Veranstaltungshinweis

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Die Uraufführung von «Jenseits» findet am 11. Februar 2023 im Musik- und Kulturzentrum Don Bosco Basel statt. Durchgeführt wird das Konzert vom Kammerorchester Basel.

Grandiose Gedanken auf dem Gipfel

Sein neustes Werk «Jenseits» stimuliert das Gefühl, weiter gehen zu wollen und Andersartigkeit zu entdecken: Es thematisiert die Grenze zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Gerade beim Erklimmen von Bergen findet sich John Weeks immer wieder in der Situation, wo ihn diese Fragen besonders beschäftigen. «Wir Menschen kommen und gehen, aber die Grösse der Berge ist konstant.»

Ein Mensch, der neue Pfade erkundete und dabei John Weeks Schreiben inspirierte, ist der britische Bergsteiger Doug Scott. Ihm ist das Werk «Jenseits» gewidmet. «Die grossen Berge, die alle erklommen, interessierten Doug Scott wenig. Er wollte neues Terrain entdecken.» Und so geht es auch John Weeks nicht um Berühmtheit, sondern um den Inhalt.

Im Leben lernt man nie aus

Auf den Austausch mit anderen Komponistinnen und Komponisten an der Basel Composition Competition freut sich John Weeks besonders. Er erhofft sich dadurch, Neues zu lernen. Denn es ist nie zu spät, dazuzulernen – auch nicht mit 73 Jahren.

Radio SRF 2 Kultur, Musikmagazin, 04.02.2023, 10:03 Uhr

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