«Krautrock»-Pionier, Keyboard-Einzelkämpfer, Impulsgeber für Ambient und Techno: Klaus Schulzes Bedeutung für die elektronische Musik ist kaum zu überschätzen.
Wenn Kraftwerk, Can und NEU! die wichtigsten Bands des zunächst spöttisch betitelten «Krautrocks» waren, dann war Klaus Schulze wohl dessen bedeutendster Solomusiker.
Bis zuletzt arbeitete der deutsche Elektronik-Pionier an seinen ausufernd-hypnotischen Kompositionen mit Titeln wie «Osiris» oder «Der Hauch des Lebens», die eigentlich keinen Anfang und kein Ende hatten und gerade deshalb so faszinierten.
Nun ist der deutsche Klangtüftler am Dienstagabend mit 74 Jahren gestorben – wenige Wochen vor Veröffentlichung seines neuen Albums «Deus Arrakis».
Der Tod des international enorm einflussreichen Musikers kam «nach langer Krankheit, aber dennoch plötzlich und unerwartet», wie sein Sohn Maximilian Schulze und Frank Uhle, Manager der Plattenfirma SPV, am Mittwoch mitteilten.
Schulze sei ein «Überzeugungstäter» und «Ausnahmekönner» gewesen, so Frank Uhle. «Umso heftiger trifft uns diese Nachricht.»
Der Synthesist begeisterte sogar Bowie
«Der Berliner Elektro-Einzelkämpfer entlockte den damals hochkomplexen Moog-Synthesizern schon Anfang der 70er-Jahre sphärische Klänge. Ein Pionier des Ambient», schrieb kürzlich das Musikmagazin «Rolling Stone» in einer Würdigung.
Schulze wurde zunächst bekannt als Schlagzeuger der Band Tangerine Dream um Edgar Froese, die Mitte der 1970er-Jahre unter anderem David Bowie begeisterte, und als Mitglied von Ash Ra Tempel.
Schulze war Mitbegründer der avantgardistischen «Berliner Schule» mit ihren repetitiven und geräuschhaften Soundstrukturen weit jenseits der normalen Popmusik.
In seinen Keyboard- und Synthesizer-Burgen trat Schulze live auf, widmete sich aber auch gern der Filmmusik. Damit beeinflusste der gebürtige Berliner «massgeblich sämtliche Stilrichtungen, die aus der Elektronischen Musik hervorgegangen sind», von Ambient bis Techno, wie sein Label betonte.
Sein Klänge zwischen Seele und Technologie
«Viele der grossen internationalen DJs nennen ihn liebevoll ihren «Godfather of Techno». Vom Solo-Debüt «Irrlicht» (1972) über die Schlüsselwerke «Timewind» (1975) und «Mirage» (1977) bis zu neueren Alben mit der Sängerin Lisa Gerrard und dem aktuellen «Deus Arrakis» spannt sich ein Bogen von rund 50 Schulze-Platten.
Im Jahr 1978 gründete er das Musiklabel Innovative Communication und produzierte unter anderem die Neue-Deutsche-Welle-Hitband «Ideal», in die 80er-Jahre fiel eine Koproduktion mit der Popgruppe «Alphaville».
Die einmalige «Schulze-Atmosphäre» übertrug sich auch auf seine Produktionen unter dem Pseudonym Richard Wahnfried, auf Soundtrack-Arbeiten und Kollaborationen mit Künstlern wie Arthur Brown, Michael Shrieve oder Hans Zimmer.
«Klaus Schulzes Musik war nie relevanter als jetzt», lobte Oscar-Gewinner Zimmer («Dune») im Dezember vorigen Jahres. «Mehr denn je ist die Arbeit von Klaus die perfekte Balance zwischen Seele und Technologie. Elektronen als Botschafter von Romantik. Ein Meister ...»
Geschenk des Lebens
Schulze war verheiratet, hatte zwei erwachsene Söhne und vier Enkelkinder. Der Abschied soll im engsten Familienkreis erfolgen, das habe er sich so gewünscht. Seine Musik sei wichtig, seine Person nicht.
Über sein neustes 70-Minuten-Werk «Deus Arrakis» sagte er selbst, es orientiere sich an Frank Herberts berühmtem «Dune»-Stoff und sei letztlich ein Salut «im weiteren Sinne an das grosse Geschenk des Lebens».