Worum geht’s eigentlich? Der Zoff zwischen den Rappern ist ernst: «Die Vorwürfe sind potenziell karrierezerstörend», resümiert SRF-Rap-Experte Pablo Vögtli. Doch beginnen wir ganz von vorne: Alles war harmonisch. Kendrick Lamar und Drake unterstützten sich bei Songs und gingen gemeinsam auf Tour. 2013 folgte der Bruch: Lamar zog im Track «Control» über seinen Kollegen her. Ende 2023 heizt J. Cole den Streit wieder an: In einem Song bezeichnet er sich selbst, Drake und Lamar als die «Big 3» des Rap. Die Replik von Pulitzer-Preisträger Lamar auf das Ranking: «Motherfuck the big three / it’s just big me». Mitte April reagiert Drake mit «Push Ups» und «Taylor Made Freestyle». Darin macht er sich über Lamars Grösse lustig und findet es witzig, dass Lamar sich nicht traue, in der gleichen Woche wie Taylor Swift seine Songs zu veröffentlichen.
Weshalb eskalierte der Streit? Im Track «Euphoria» nennt Lamar Drake einen «Master-Manipulator» und behauptet, sein Sixpack sei vom Schönheits-Doc. Im Song «6:16 in LA» doppelt Lamar nach. Drake kontert mit «Family Matters» und wirft Lamar häusliche Gewalt gegen seine Freundin vor. Ausserdem sei Lamars Manager der Vater seiner Kinder. Lamar schiesst mit «Meet the Grahams» und «Not Like Us» zurück und wirft Drake vor, er sei sex-, drogen- und glücksspielsüchtig. Zudem verheimliche er der Öffentlichkeit eine Tochter und sei pädophil. Darauf Drake: Er habe Lamar in die Irre führen wollen. Den Pädophilie-Vorwurf kontert er so: «Only fuckin' with Whitneys, not Millie Bobby Browns / I'd never look twice at no teenager». Mit Whitney ist Lamars Freundin gemeint, mit der Drake befreundet sein soll. Lamars Antwort steht noch aus.
Erleben wir gerade die beste Rap-Fehde aller Zeiten? Über 12 Millionen Aufrufe hat Drakes letzter Diss-Song. Rap-Fans scheinen sich auf Youtube köstlich zu amüsieren. Ein paar Kommentare unter Millionen: «Rap ist endlich zurück», «Da geht einem der Kinnladen runter» oder «Aus diesem Fight wird ein Film entstehen» und «Hier gehen die beiden aktuell grössten Akteure im Rap aufeinander los, und sie haben die Handschuhe ausgezogen», sagt SRF-Rap-Experte Pablo Vögtli. Streit in der Rap-Szene sei allerdings nicht neu. Vögtli erinnert an NAS vs. Jay-Z und vor allem an Tupac vs. Notorious BIG. Beide bezahlten ihren Zoff mit dem Tod.
Wie endet der Streit? Wohl nicht in einem Gang-Fight , mutmasst die NZZ und meint: Der «Beef von Drake und Lamar wirke wie eine Marketingoffensive für ein Männlichkeitsmodell, das bald obsolet geworden ist.» Der Rolling Stone schreibt, beide hätten sich tapfer geschlagen, der Sieg gehe aber an Lamar. Seine Zeilen seien stärker. Das sei eine Geschmacksfrage und Stilfrage, findet SRF-Experte Vögtli. «Was das Rap-Handwerk angeht, ist Lamar Drake um ein paar Nasenlängen voraus. Lamar ist sehr hasserfüllt – das ist beim Beef ein Vorteil.»