Elie Jolliet ist Chorleiter, Organist und Cembalist. In Köniz hat der 25-Jährige eine Festanstellung als Kirchenmusiker. Das sichert ihm in Zeiten von Corona ein regelmässiges Einkommen.
Trotzdem war die Corona-Krise auch für ihn ein Dämpfer: «Die grösste Auswirkung war im ersten Moment ein ziemlicher Motivationsverlust. Was übe ich jetzt? Was mache ich mit den freien Tagen?», so Jolliet.
Keine Konzerte, kein Publikum: Das trifft jeden Musiker hart. Doch dann hatte er eines Abends einen Einfall.
Eine Idee mit Augenzwinkern
«Plötzlich kam mir die Idee zu diesem Duell: JSB_1685 vs. Covid-19. JSB_1685 tönt leicht codiert und passt gut zu Covid-19. Ich suche allgemein bei meiner Arbeit immer möglichst etwas, das auffällt und nicht ganz humorlos ist.»
Ein Augenzwinkern ist beim musikalischen Duell gegen Corona also dabei. Doch dem Organisten aus Bern geht es noch um etwas Anderes: «Wir alle haben jetzt das Gefühl, dass alles langsam geht und wenig läuft. Wir bleiben zu Hause – vielleicht noch einen Monat oder zwei, das wird sich zeigen. Aber bezogen auf die Musikgeschichte und auf Bach ist das eine kurze Zeit.»
Neue digitale Wege dank Corona
Jeden Mittwoch um 20.05 Uhr schmettert er dem Virus ein neues Werk von Bach entgegen. Wie viele Stücke es am Schluss sein werden, hängt von der Ausdauer des Virus ab.
Fest steht, dass er damit etwas ausprobieren kann, was er schon immer wollte: das Musizieren im digitalen Raum. «Ich hatte schon länger vor, mit damit zu beschäftigen, hatte aber nie genügend Zeit. Jetzt geht auch durch mich ein digitaler Ruck», sagt Jolliet.
Bei seinen analogen Konzerten begrüsst er das Publikum meistens persönlich am Eingang. Und wenn er im Gottesdienst Lieder auf der Orgel begleitet, ist die Bande zu seinen Hörerinnen und Hörern noch intensiver. «Es ist sehr bewegend und berührend, wenn eine Gemeinde mitsingt. Das ist die intimste Verbindung zwischen dem Organisten, der Organistin und der Gemeinde.»
Von Köniz bis nach Usbekistan
Auf diese intime Verbindung mit der Kirchgemeinde muss er vorerst verzichten. Seine Duell-Konzerte sendet er per Livestream auf Instagram und Youtube.
Wie fühlt sich an, vor einem virtuellen Publikum zu konzertieren? «Ich war sicher etwas aufgeregter als bei sonstigen Auftritten. Hier lag aber auch der Reiz darin: nicht zu wissen, wer mir zuhört. Ich habe im Nachhinein im Chatverlauf auf den Übertragungen gesehen, dass mein Livestream bis nach Kanada und Usbekistan gelangte. Ein spezielles, aber schönes Gefühl.»
Treue Fans aus Köniz
Das Duell gegen Corona wird aber nicht nur in Usbekistan gestreamt. Auch die Kirchgemeindehaus Köniz hält ihrem Organisten die Treue. «Es haben sich auch einige ältere Personen einen Instagram-Account eingerichtet, um mir zu folgen», so der Organist. Nicht nur Jolliet, sondern auch Instagram verzeichnen dieser Tage ein paar neue Follower. Das motiviert.
Für sein zweites Duell hat er sein technisches Equipment aufgerüstet: bessere Mikrofon-Technik und eine Kamera. So ist er noch besser gewappnet für seine Schlacht.