Claudio Abbado wird im Juni 80 Jahre alt. Das ist ein Alter, in dem ein Star-Dirigent ein ganz besonderes Privileg geniesst: Er kann sich auf die Musik beschränken, mit der er wirklich etwas zu sagen hat. Abbado dirigiert immer weniger Werke von immer weniger Komponisten. Und er tritt nur noch mit ein paar ausgesuchten Ensembles auf.
Dazu gehört das «Orchestra Mozart Bologna» – ein Orchester, in dem vorwiegend junge Menschen mitspielen. Sie bringen das mit, was Claudio Abbado liebt und braucht: Temperament und Eigeninitiative. Abbados phänomenale Fähigkeit besteht darin, diese Impulse wie in einem Trichter zu sammeln und zu einer ganz persönlichen Aussage zu verdichten, scheinbar allein schon durch seine Präsenz.
Feuer und Wasser
Auch bei der Wahl der Solistinnen und Solistinnen beschränkt sich Claudio Abbado mehr und mehr auf einen engen Freundeskreis – auf Musikerinnen und Musiker, mit denen er teils seit Jahrzehnten zusammenarbeitet.
Dazu gehört Martha Argerich. Mit ihr versteht Abbado sich blind – was eigentlich erstaunlich ist. Denn da treffen zwei ganz verschiedene Temperamente aufeinander. Beide haben sich zwar mit Haut und Haar der Musik verschrieben.
Argerich musiziert aber mit einer fast schon kindlichen Verspieltheit. Abbado dagegen verkörpert die musikalische Altersweisheit, die immer radikaler nach Verinnerlichung strebt. Ein Gegensatz wie Feuer und Wasser – doch finden die beiden in Luzern auf wunderbare Weise zusammen.
Vielleicht auch deshalb, weil sie Mozarts spätes C-Dur-Klavierkonzert aufführen. Darin steckt beides: das Verspielte und das Tiefe, die Lebensfreude und die Melancholie. Und wenn beides so zur Geltung kommt wie in diesem Konzert, sitzt da am Schluss ein Publikum, das nicht weiss, ob es vor Glück lachen oder weinen soll.
Nuancenreiche Klänge und Stimmungen
Diese emotionale Vielschichtigkeit war das eine musikalische Ereignis des Abends. Das andere war ein unerhörter Nuancenreichtum an Farben, Klängen und Stimmungen. Daneben wurde das, was nicht in CD-Perfektion gelang – und davon gab es einiges – völlig zur Nebensache. Solche Details fallen nicht mehr ins Gewicht, wenn man Mozart so pur erlebt wie an diesem Anlass.
Bei einem zweiten gemeinsamen Konzert von Claudio Abbado und Martha Argerich beim «Lucerne Festival zu Ostern» kommt am 18. März Mozarts Klavierkonzert d-Moll zur Aufführung, ausserdem Werke von Beethoven und Schubert.