«35 Jahre sind es jetzt», erklärt Gebhard Ullmann, «seit 1980 beschäftige ich mich mit Jazz-Musik. Über zehn Jahre habe ich in New York gelebt und hab nach wie vor dort noch ein Zimmer. Mindestens zwei Mal pro Jahr toure ich durch die USA. Meine Amerika-Erfahrung und auch die Projekte haben mir sehr geholfen, mich musikalisch weiter zu entwickeln, in Europa bekannt zu werden.»
Medizin oder Musik
Gebhard Ullmann lässt sein Leben Revue passieren. In seiner Berliner Wohnung hat er entspannt in einem Sessel Platz genommen. Anfangs habe er Medizin und später eine Weile Medizin und Musik gleichzeitig studiert. Doch er hat sich dann bewusst für die Musik entschieden und kurz vor dem Ende das Medizinstudium aufgegeben.
Mit der Flöte hat er angefangen, ist dann zum Saxophon und schliesslich gegen 1989 zur Bassklarinette gewechselt. Gebhard Ullmann hat schon alle Holzblasinstrumente gespielt. Er hat sein Musikstudium zielstrebig verfolgt und abgeschlossen. Komponiert hat er für Jazzensemble, Bigband und neue Musik für Kammerensemble. Längst hat der 57-jährige Künstler sich einen Namen als einer der führenden deutschen Jazz-Musiker gemacht.
Mitmusiker keine Gegner
Sendebeitrag
Gebhard Ullmann wählt nicht den einfachen Weg. Immer stellt er sich neuen Herausforderungen, tritt mit Musikerkollegen auf, die zur Weltspitze gehören. «Ich hab sehr oft Saxophonisten neben mir gehabt und die Frontline auf der Bühne mit Musikern geteilt, die mindestens so gut spielen wie ich selber», erklärt der ehrgeizige Künstler. Er sieht den Gast und Mitmusiker weder als Gegner noch als Konkurrent. «Ich habe eine gute Bühnenpräsenz», erklärt er selbstbewusst. Für den vielseitigen Künstler stehen einfach das gemeinsame Ziel, das Lernen und das Daran-Wachsen im Vordergrund.
Immer in Bewegung
«Jeden Abend was Neues» – lautet die Devise von Gebhard Ullmann, wenn er auf Tournee ist. Als er bemerkt, dass er sich auf dem Sopransaxophon nur noch selbst kopiert, ist es an der Zeit, damit aufzuhören. «Da kommt man in den kommerziellen Bereich rein», gibt Gebhard Ullmann zu bedenken, «wenn erwartet wird, das Solo genau so zu spielen wie beim letzten Mal.» Denn das bedeutet Erstarrung – das ist wohl das Schlimmste für den umtriebigen Künstler mit der Vision sich weiter zu entwickeln, die Antennen nach neuen Projekten aus zu strecken und nicht stehen zu bleiben.
«Silver White Archives» in der Schweiz entstanden
Gebhard Uhlmann ist stets auf der Suche nach neuen Projekten, wie auch dieses Mal auf dem aktuellen Album «Silver White Archives». Hier hat die Schweiz eine wichtige Rolle gespielt. Diese Veröffentlichung ist während eines Arbeitsstipendiums in Willisau zusammen mit der Sängerin Almut Kühne entstanden: eine knapp 50-minütige Aufnahme, an zwei Tagen live im Studio eingespielt, das erste gemeinsame Werk.
Experimente mit Sampler und Looper
Zum ersten Mal spielt Gebhard Ullmann neben Tenorsaxofon und Bassklarinette diverse Looper und Sampler. Gebhard Ullmann und seine ehemalige Schülerin Almut Kühne sind ein eingespieltes Team: Mit Sampler und Looper lässt Ullmann ganze Klangkaskaden oder nur Klangflächen entstehen, zu denen Almut Kühne mit ihrer wandlungsfähigen Stimme singt, deklamiert, schreit oder einfach Klänge erzeugt.
Ungeahnte Töne auf der Bassklarinette
Die Bassklarinette eröffnet Gebhard Ullman ungeahnte kreative Freiheiten und mehr Möglichkeiten als alle anderen Instrumente. «Man kann viel machen auf der Bassklarinette, was man auf anderen Instrumenten oder auf der Flöte nicht machen würde. Da würde man eher etwas abstrahierter spielen, weil der Klang eben so ist, wie er ist.» Gebhard Ullmann hat hier noch viel zu erforschen und wird der Bassklarinette noch viele neue Töne entlocken. Und: Er will sich noch intensiver mit der Live-Elektronik, dem Loopen und Sampeln beschäftigen.