In einer Mischung aus Zufriedenheit und Angestrengtsein blickte BAK-Direktorin Isabelle Chassot in die überraschend grosse Runde der Journalisten. Zufrieden, weil sie mit dem Programm «Jugend und Musik» eine wichtige Erneuerung in der Kulturförderung präsentieren konnte. Angestrengt, weil sowohl Tempo als auch Erwartungen hoch sind. Immerhin haben 2012 rund 73 Prozent Viertel der Schweizer Bevölkerung zur Volksinitiative «Jugend und Musik» ja gesagt – und damit eine musikalische Breitenförderung verlangt.
In den Fussstapfen des Sports
Dem Programm «Jugend und Musik», kurz «j+m», stand unübersehbar das Programm «Jugend und Sport», kurz «j+s», Pate. Denn Aus- und Weiterbildungen für «j+m»-Leiter sowie Kurse und Lager für Kinder und Jugendliche sind geplant.
Allerdings: Dem Programm «Jugend und Sport» stehen jährlich 80 Millionen zur Verfügung. «Jugend und Musik» muss sich mit 2,5 Millionen begnügen. Doch auch das Sport-Programm habe bescheiden begonnen, sagt Isabelle Chassot: «‹Jugend und Musik› ist die Cousine, die wächst und sich zu einer eigenständigen Person entwickelt.»
Kinder niederschwellig zum Musizieren animieren
Mit dem Programm will das BAK Kinder und Jugendliche niederschwellig zur Musik und vor allem zur musikalischen Aktivität hinführen. Eine Arbeit, die zertifizierte «j+m»-Leitende machen – Laien und Musiker, die eine mehrteilige Ausbildung absolviert haben. «Wir hoffen, dass wir schon im Frühling starten können. Da wir es mit Jugendlichen zu tun haben, soll dabei das Pädagogische eine wichtige Rolle spielen», so Isabelle Chassot.
Die BAK-Direktorin spricht das pädagogische Ausbildungmodul an, zu dem eine Grundausbildung und ein musikalisches Modul gehören. Für Lehrpersonen jedoch, die an regulären Musikschulen unterrichten und gleichzeitig als «j+m»-Kursleiter im Einsatz sein wollen, hat das BAK eine erleichterte Version mit einer Anerkennung vorgesehen.
Gemischte Gefühle bei Musikschulen
Beiträge zum Thema
Das Programm «Jugend und Musik» löst beim Verband Musikschulen Schweiz gemischte Gefühle aus. Der Einsatz für eine musikalische Breitenförderung mache sie glücklich, sagt Christine Bouvard Marty, Präsidentin des Verbandes Musikschulen Schweiz. Aber: «Es ist nicht genau zu verorten, ob das Programm die Musikschule ergänzt – wie wir uns das erhoffen – oder ob das Programm Risiken und Gefahren für das Angebot der Musikschulen birgt.»
Isabelle Chassot winkt jedoch ab. Das Programm sei ganz klar ergänzend: «Die Idee war, ein niederschwelliges Angebot anzubieten, das die Schüler an die Musikschulen bringen soll, die auch wirklich weiter musizieren wollen».
Chance für eine breitere musikalische Bildung
Christine Bouvard Marty vom Verband Musikschulen Schweiz hofft, dass diese Idee auch aufgeht. Dass professionelle Musiklehrer die «j+m»-Ausbildungskurse im Schnellverfahren durchlaufen müssen, findet sie grundsätzlich richtig: «Dieses Modul besuchen auch Leute aus anderen Organisationen – aus grossen Musikverbänden der Schweiz, aus Blasmusiken, auch Orchestern, aus Chören – oder etwa Jodler. Ein Modul gemeinsam zu besuchen ist eine Riesenchance, um die musikalische Bildung breiter und differenzierter zu denken.»
Das Förderprogramm «Jugend und Musik» wurde im Eiltempo auf die Beine gestellt. Das heisst: Wie es konkret umgesetzt wird, ist noch nicht wirklich klar – auch nicht für den Verband der Musikschulen Schweiz, der in der Vorbereitung dabei war: «Wir befinden uns auf einer Baustelle und wissen deshalb noch nicht so genau, wie es dann aussehen wird», so Bouvard Marty. Klar ist jedoch: Welche Früchte das neue Förderpflänzlein trägt, wird frühestens im Sommer erkennbar.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 25.01.2016, 17:15 Uhr.