Seit zweieinhalb Jahren swingen Pale und Rüegg im Gleichtakt. Die Newcomerin übersetzte die Texte von Schuberts «Winterreise» ins Englische. Das Jazz-Urgestein Rüegg verpasste den Songs eine musikalische Verjüngungskur. Nun ist der ganze Zyklus komplett.
Der Mentor und seine Muse
Pale und Rüegg lernten sich in Wien kennen, die Stadt ist seit über 30 Jahren Rüeggs Wahlheimat. Nach der Auflösung des Vienna Art Orchestra 2010 musste sich der Jazz-Musiker neu orientieren; sozusagen kurz vor seinem Rentenalter eine Alternative finden.
Um sich über Wasser zu halten, hielt er ein paar Vorlesungen an der Uni für Musik und darstellende Kunst Wien. Rüegg: «Julia war meine Studentin. Wir diskutierten unter dem Motto ‹la belle et la bête› und sind schnell zum Schluss gekommen: ‹first chance for her, last chance for me›.»
Das Multitalent
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Hört man sich eine Probe an, wird schnell klar, dass Pale die Chance nutzen will. Mit Leib und Seele ist die quirlige Interpretin, die auch steppt und tanzt, bei der Sache.
Pallanch erhielt von klein auf Unterreicht in klassischem Ballett. In der Volksschule kamen Klavier- und Querflötenstunden dazu. Sie spielte in einer Blasmusikkapelle, besuchte in Linz das Musik-Gymnasium und beschloss, die Musik zu ihrem Beruf zu machen. In Wien nun ist sie Studentin am Institut für Popularmusik. Hauptfach: Gesang. Für kurze Zeit war sie Sängerin und Keyboarderin in einer Electro Pop Band.
Vom Electro Pop zum Jazz
Die Türen zum Jazz öffnete ihr erst Mathias Rüegg. «Charlie Parker, Billie Holiday, das waren Namen, über die bin ich ewig lange nicht gestolpert», erinnert sich Pale. «Diese Musik, diese Energie, diese Attitude, die man mitbringt, wenn man sich entscheidet, so mit Musik umzugehen – in jedem Moment so viel von sich zu geben, das hat mich fasziniert. Und wenn ich jetzt an Billie Holiday denke, muss ich gleich weinen.»
Hoffnung statt Lust am Leiden
In der Welt des Jazz hat sich Pale bestens eingelebt. Hört man in Pale und Rüeggs Winterreise-Version «Gone Too Far» rein, würde man keinesfalls vermuten, dass es sich hierbei um eine Debütantin handelt. Ihre warme, unverbrauchte Stimme, ihr Timbre geben der Winterreise eine neue Note. Statt Lust am Leiden, wie zu Schuberts Zeiten, klingen jetzt Hoffnung und Optimismus an.