Antonio Sanchez ist international gefragt. Seine Drumsets sind auf Hunderten von Alben zu hören. Als Schlagzeuger ist er Partner an der Seite von Künstlern wie Chick Corea oder Gary Burton. In der Band von Pat Metheny, der er über 20 Jahre lang angehörte und in seinen eigenen Projekten hebt er das zeitgenössische Jazzschlagzeugspiel immer wieder auf ein neues Plateau.
Soundtrack zu einem Oscar-Abräumer
Letztes Jahr sorgte der Soundtrack zu «Birdman» für Furore. Im Januar 2013 hat der Regisseur Alejandro Gonzales Iñárritu Antonio Sanchez gebeten, die Musik für den 2014 erscheinenden Film zu komponieren und solo einzuspielen.
«Birdman» – Psychodrama, Backstage-Film, bissige Branchensatire und präzise Charakterstudie: Ein langsam sinkender Hollywood-Star zieht 20 Jahre lang als Birdman im Superhelden-Kostüm Millionen von Zuschauern in die Kinos. Nun weigert er sich, diesen Helden weiter zu spielen, wird aber das Vogelmann-Image nicht mehr los.
Minutiös, aber improvisatorisch
Antonio Sanchez kennt den Filmemacher Alejandro Gonzales Iñárritu schon lange und schätzt ihn sehr. Als Teenager hörte er im mexikanischen Radio seine Sendung «Magic Nights». Der Regisseur erklärt Sanchez, dass er eine Schlagzeug-Begleitung mit improvisatorischen und jazzigen Elementen erwartet. Das beherrscht Antonio Sanchez.
Zu realen Bildern improvisieren ist eine Herausforderung. Sanchez ist häufig am Filmset. Der Regisseur schildert präzise den Ablauf einzelner Szenen. Sanchez ist beeindruckt, wie der Regisseur vorgeht – minutiös, aber zugleich improvisatorisch. Auch der fertige Film fasziniert den Drummer: Er bildet eine organische Einheit, eine perfekte Symbiose aus Bild und Ton.
16 Schlagzeugsoli in einem Film
Antonio Sanchez kreiert eine einprägsame Filmmusik. 16 Schlagzeugsoli bringen das aufgewühlte Innenleben der Hauptfigur, gespielt von Michael Keaton, zum Klingen. Da der mexikanische Filmemacher keinen sterilen, reinen Sound haben will, bearbeitet Sanchez sein Schlagzeug mit Klebeband und stimmt es anders.
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Dieser Soundtrack bringt dem mexikanischen Drummer eine Golden-Globe-Nominierung ein. Wahrscheinlich sei er nominiert worden, sagt er, weil die Filmmusik so anders als die üblichen Kompositionen sei: er allein mit seinem Drumset.
Sanchez ist wütend
Aber es verwundert ihn nicht, dass es nur bei einer Nominierung blieb. In Hollywood gewinnen seiner Meinung nach sowieso nur grosse Orchester. Die Oscar-Jury disqualifizierte den «Birdman»-Soundtrack mit der Begründung: In Birdman bediene sich der Regisseur bereits existierender Stücke von Tschaikowski und Rachmaninow. Dadurch trete die Originalmusik in den Hintergrund .
Antonio Sanchez ist wütend. Denn so blieb dieser Filmmusik eine zuvor als nahezu sicher geltende Oscar-Nominierung verwehrt, die vielleicht sogar zu einem Sieg geführt hätte.