Wegen Beleidigung des Islam ist der türkische Pianist und Komponist Fazil Say in Istanbul zu einer 10monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der 43jährige habe sich mit im Internet verbreiteten Kommentaren der Verletzung religiöser Werte schuldig gemacht, zitierten türkische Medien aus dem Urteil. Mindestens fünf Jahre lang muss sich der weltweit renommierte Künstler nun Spott über islamische Frömmler, womöglich aber auch schärfer formulierte Kritik an gesellschaftlichen Veränderungen, verkneifen.
Der Künstler, der nicht selbst vor Gericht erschien, hatte über den Kurznachrichtendienst Twitter mehrere kritische sowie spöttisch formulierte Äusserungen verbreitet, die islamische Frömmelei und Scheinheiligkeit auf die Schippe nahmen.
Say sieht Meinungsfeiheit in Gefahr
Say, der derzeit für eine Reihe von Konzerten in Deutschland ist, äusserte sich auf seiner Facebook-Seite zum Urteil. Für die Meinungs- und Glaubensfreiheit in der Türkei sei die Entscheidung des Gerichtes besorgniserregend.
Seine Strafe wurde auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Say hat sich mehrfach kritisch über die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Tayyip Erdogan geäussert und auch erklärt, er denke darüber nach, das Land zu verlassen.
Spöttische Tweets
«Ich weiss nicht, ob ihr es gemerkt habt? Überall wo es Schwätzer, Gemeine, Sensationsgierige, Diebe, Scharlatane gibt, sie alle sind übertrieben gläubig (wörtlich: «Allahisten»). Ist das ein Paradoxon?», lautet eine von mehreren in der Anklage genannten Kurzmitteilungen.
Drei türkische Bürger hatten Say angezeigt und ihm vorgeworfen, die islamische Religion und die Anhänger dieser Religion schwer beleidigt und religiöse Werte öffentlich herabgewürdigt zu haben. Die Verteidigung hatte das Recht des Künstlers auf freie Meinungsäusserung bekräftigt.
Einer der bekanntesten Künstler der Türkei
Fazil Say gehört zu den Top-Stars der internationalen Musikszene und zu den bekanntesten Künstlern der Türkei. Als Solist und mit führenden Orchestern der Welt gelang ihm eine steile Karriere. Dabei verfügt er über ein breites Repertoire, das auch Jazz einschliesst und musikalische Wurzeln in der traditionellen Musik Anatoliens erkennen lässt.